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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1979/0048
sprechend zu behandeln. Berthold ist damit der Erfinder des eigentlichen Schießpulvers
, des Dreikomponentenpulvers, das schon im zentralen Abschnitt beschrieben
wird. (Vgl. Abb. 3).

Aus weiteren Arbeitsvorschriften des Feuerwerkbuches läßt sich entnehmen, daß
Berthold das manuelle Körnen und das Verdichten des Pulvers erfand. Mehrere
Rezepte befassen sich damit, und der Unterschied zum späteren Schießpulver besteht
lediglich darin, daß man die Körnung und Verdichtung im 15. Jhd. mechanisch
mit wasserkraftbetriebenen Pulvermühlen durchführen lernte. Damit ist er -
wie alle alten Chronisten sagen - der eigentliche Erfinder des Geschützes und des
Pulvers, ein Mann jedoch, der nicht von der Geschützmeisterei her kam, sondern
von der Alchemie. Er hat alle vor ihm bekannten Pulvergemische und Geschützformen
- die alten Flaschengeschütze - in den Bereich der Pulver- bzw. Geschützvorläufer
verwiesen.

Der dritte Tatbestand ist mehr von chemiehistorischem Interesse: In keinem der
umfangreichen und systematisch gegliederten Rezepte ist der später ausschließlich
verwendete Kalisalpeter zu finden. Alle Rezeptgruppen sind noch auf das weniger
wirksame und hygroskopische Calciumnitrat, den Kalksalpeter, abgestellt. So
kann man mit Sicherheit folgern, daß der Kalisalpeter, das Kaliumnitrat, um
1370/80 noch nicht bekannt gewesen ist. Er erschien erst gegen die Mitte des folgenden
Jahrhunderts, also zwei Generationen später und wurde künstlich durch
Konversion aus Pottasche (Kaliumcarbonat) und Kalksalpeter hergestellt. Es handelt
sich dabei wahrscheinlich um die erste bekannte Salzkonversion der Chemiegeschichte
überhaupt und bedarf noch der Quellenforschung. Die Selbstverständlichkeit
, mit der viele heutige Autoren das Kaliumnitrat als von Anfang an bekannt
voraussetzen, und dessen Bekanntsein z. T. in die Antike verlegen, zeigt, wie
nachlässig oft Behauptungen erstellt werden. Berthold arbeitete noch konsequent
mit dem Calciumnitrat, das man durch natürliche Prozesse gewann und überwiegend
aus dem Orient importierte. Berthold, der als Begründer der Salpeterchemie
betrachtet werden muß, hätte mit Sicherheit das Kaliumnitrat beschrieben und benutzt
, wenn es zu seiner Zeit schon bekannt gewesen wäre.

Wenn der Autor des Feuerwerkbuches die Wahrheit berichtet hat, dann ist
Berthold unter die Gruppe der bedeutenden Chemiker einzureihen, dessen Arbeiten
die Geschütz- und Pulvertechnik, mit großer Wahrscheinlichkeit aber auch die
praktische Alchemie seiner Zeit richtungsweisend beeinflußt haben. Seine Wirkung
ist allein im Feuerwerkbuch über Jahrhunderte nachweisbar. Seine Historizität
steht damit außer Zweifel. Es kann nicht mehr gelten, was noch 1960 der englische
Chemiehistoriker J. R. Partington, der die Anfänge der Pulverchemie in England
sucht, über Berthold gesagt hat:

„. . . Wir wollen uns mit diesen Legenden nicht lange aufhalten.....Mit Sicherheit
war der Erfinder nicht ein Mann namens Berthold Schwanz, oder Berchtoldus
niger genannt. Denn wenn es auch ,Bildnisse5 von ihm und im Breisgau sogar ein
Denkmal zu seinen Ehren gibt, so ist er doch eine ganz und gar legendäre Gestalt".
(In: 9. S. 25).

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