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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
101.1982
Seite: 78
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ger aus, er habe sich gegen ein Urteil des Sipplinger Gerichts „mit lebendiger
stimm offenlich vor gericht für den obgenannten unsern aller gnädigsten herrn
den römischen kunig berufft und geappelliert'4, er habe jedoch bislang kein Urteil
mit der gewünschten Berufungsbestätigung erhalten. Das beklagte Gericht
ließ darauf entgegnen, man habe zu Überlingen den Urteilsbrief anfertigen lassen
: „so Ulrich Gaudentz darinn sin berufung nit funden, die sy auch irem pruch
und herkommen darinn nit zu stellen schuldig, hätte er denselbigen nit annemen
wollen'4. Der Kläger wiederholte darauf sein Begehren nach Urteilsbrief und Berufungsbescheinigung
„zudem das sy im vormals in andern urtailen auch gegeben
". Das Sipplinger Gericht wollte von solchen früheren Fällen nichts wissen,
„aber ir herkommen, gewonhait und gebruch wäre bisher nit gewesen, dhain
appellacion in urtailen anzuziehen, dann sy schlecht erber lüt, die die recht nit
wissten, darumb sy im nützit schuldig wären". Das Urteil des Hofgerichts verpflichtete
das Sipplinger Gericht, vor dem Überlinger Bürgermeister als Kommissar
den von ihnen behaupteten Gerichtsgebrauch zu beschwören. Das Beispiel
zeigt, wie schwer sich die unteren Gerichte zunächst noch bei der Handhabung
des neuen Rechts taten, und es liefert gleichzeitig eine Erklärung dafür, daß sich
die notarielle Form der Einlegung einer Appellation vorläufig noch so großer Beliebtheit
erfreute.

Mochte der Sipplinger Fall für die dörflichen Gerichte noch bezeichnend sein,
so war man in der Reichsstadt Überlingen dank eines geschulten Verwaltungspersonals
längst mit dem „modernen" Rechtsmittel bekannt. Ein Eintrag im Merkbuch
des Stadtschreibers vom Jahre 1470 zeigt, daß man hier mit der Appellation
umzugehen hatte:

Item an fritag von marie magdalene anno LXX 0 ist ein notarius von Diessenhofen hir zü Uberlingen
vor dem ersamen wysen Lienhart Wintersulg burgermeister gestanden und hat fürgehal
ten, wie Ludwig von Büren vor im als einem notarius geappelliert hab von der urtail an der
sachen enzwüschen Ludwig von Büren und Hansen Litschern ergangen und gesprochen, das ver
kund er im und ob er begerte der appellatz ain copy, die wölt er im geben uf des Litschers
costen.53

V. Appellation und Austräge

Die Appellationsbeziehung von Überlingen nach Freiburg hat keinerlei politische
Gründe. Zwischen der Reichsstadt am Bodensee und der österreichischen
Landstadt im Breisgau bestand kein Verhältnis, das dem Freiburger Oberhof die
Rolle eines Überlinger Obergerichts zugewiesen hätte. Das neuere Berufungsverfahren
war hier nur die Folge einer anachronistischen Interpretation des Privilegs
von 1275. Nun war aber die Appellation doch so sehr mit der Vorstellung einer
übergeordneten Entscheidungsbefugnis verbunden, daß man fragen muß, warum
Überlingen eine Freiburger „Obergerichtsbarkeit'4 hinnahm. Dies läßt sich am
besten damit beantworten, daß man die Spruchtätigkeit und Gerichtsbarkeit
Überlingens selbst für auswärtige Orte in Augenschein nimmt.

Auf den Tag gleichzeitig mit Überlingen, am 30. Juni 1275, erhält Buchhorn
(Friedrichshafen) von König Rudolf ein fast wörtlich mit dem Überlinger über-

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