Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
101.1982
Seite: 144
(PDF, 45 MB)
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Worte fremd in den Ohren geklungen haben. Die Texte beider Sagen tragen deutlich
den Charakter einer Schreibweise des 19. Jahrhunderts. Epische Breite,
schwärmerisch romantisierend und nicht ohne gelegentliche Seelenmassage können
als eindeutige Merkmale gelten. So dürften die wohlgesetzten Worte sehr
wohl aus der Feder eines landesfremden geistlichen oder weltlichen Lehrers geflossen
sein. Von Bernhard Baader besitzen wir zwei Varianten, von denen die
erste sich von der Schreiberschen Fassung nur dadurch unterscheidet, daß anstelle
des Ochsenzuges eine außerordentliche Menge Füchse vor den Felsen gespannt
wurden. Der Fuchs gilt, wie andere rothaarige Tiere, als Symbol der meist bösartigen
List. Im biblischen Sprachgebrauch verkörpert er Hinterlist und Bosheit.81

Eine andere Version handelt von einer holzsammelnden Frau, die auf dem
Kandel ihr Kind verloren hatte. Erst am dritten Tag traf sie es auf dem Kandelfelsen
, frisch und wohlbehalten. Das Kind erzählte, es sei in den Berg versunken,
der ganz voll Wasser war. Eine wunderschöne Frau, die Muttergottes, habe es
herausgeholt und hierher geführt. Durch diese Begebenheit weiß man, daß im
Innern des Kandels ein mächtiger See verschlossen ist.

Und darin liegt der Wahrheitsgehalt. Aus der Tatsache, daß viele kleine Bächlein
am Kandel entspringen, mehr aber noch daraus, daß dereinst sich auf dem
Kandel ein kleiner See befand, entstand der Glaube, im Berg müßten ungeheure
Wassermengen gespeichert sein. Der See ist inzwischen völlig verlandet. Kaum
sind noch schwache Reste seiner Existenz zu sehen. Aber auf alten Karten ist er
noch an der Grenze gegen Simonswald und Siensbach in einigem Abstand vom
Kandelwirtshaus (Kandelhof) eingezeichnet.82 Was heute niemand ahnt: auf der
Waldkircher Seite, der auch der Kandelfelsen angehört, war der Berg bis hinunter
nach Waldkirch ein einziges Weidfeld. Nur um den Kandelfelsen herum war ein
schütterer Baumbestand.83 Die Freude des Vogtes von Siensbach kann indessen
nicht sehr groß gewesen sein, denn kein Tropfen des in Kandelfelsennähe entspringenden
Baches, der auf alten Karten als Kandelbach bezeichnet wird, fließt
in Richtung Siensbach. Gerade deswegen gibt es zu denken, wie gerade der Vogt
von Siensbach in der Sage auftritt. Oder gibt er, wofür aus der Sage auf ihn kein
Verdacht fällt, eine Hindeutung auf den 1631 gefangen gesetzten Vogt Mathis
Aulin von Siensbach, der als Hexenmeister angeklagt war?

Der Kandel galt als Hexentanzplatz für den Breisgau. Fast alles, was über das
Hexenunwesen auf uns gekommen ist, stammt nicht aus der Volksüberlieferung,
sondern aus Gerichtsprotokollen, die Heinrich Schreiber,84 Georg Schindler85 und
der Verfasser86 aus den Gerichtsakten entnommen haben. Inwieweit die Gerichtspersonen
bei den „peinlichen'4 Befragungen auf Sagengut zurückgriffen, aus dem
Vokabular eines vorgefertigten Fragenkatalogs schöpften oder aus ihrer eigenen,
oft recht schmutzigen Fantasie entnahmen, ist schwer festzustellen. Hexensagen,
die nicht aus Vernehmungsprotokollen stammen, sondern unabhängig von diesen
bestehen, gibt es einige, so beispielsweise die von Bernhard Baader veröffentlichte
,,Hexe als Schwein"87 oder ,,Der Ahornbauer88 Keine dieser Sagen kann
jedoch auf einen Wahrheitsgehalt untersucht werden, denn ihr Inhalt geht von
vornherein von unwirklichen Dingen aus und entstand so aus purem Aberglauben
.

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