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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 76
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werden konnten. Im Grunde waren sie eine Art Rente, die der Leibherr von dem
Leibeigenen bezog. Als charakteristisch für die markgräflich-badischen Verhältnisse
des 18. Jahrhunderts ist festzuhalten, daß sich die Leibeigenschaft aus einem
ursprünglich persönlichen zu einem realen Abhängigkeitsverhältnis entwickelt und
gewandelt hatte.

Betrachten wir den badischen Markgrafen noch etwas näher als Leibherrn. Für
ihn traf es zu, daß er Landes-, Gerichts-, Grund- und Leibherrschaft in einer
Hand vereinigte. Als Markgraf war er zu landesfürstlicher Stellung aufgestiegen,
was für ihn eine weitgehende rechtliche Unabhängigkeit zur Folge hatte, die man
auch mit dem Begriff Landeshoheit umschreiben kann. Hoheitlich bestimmte der
Landesherr über die Stellung der Stadt- und Landgemeinden und deren Bewohner.
Ebenso wie die Stadtluft schon seit dem Mittelalter „frei" machte, machte die
Luft am leibeigenen Ort, den Landgemeinden, leibeigen. Dies besagt, daß nicht
ein dingliches Verhältnis, etwa der Besitz eines bestimmten Gutes oder einer Liegenschaft
, leibeigen machte, sondern die Rechtsstellung der Dorfgemeinde. Sie
war als korporativer Verbund unfrei und demzufolge war es auch jeder Dorfbewohner
. Es ist darum festzuhalten, daß der badische Leibeigene nicht als einzelner
in einem persönlichen Hörigkeitsverhältnis zum Markgrafen als Leibherrn stand,
sondern als Mitglied der Dorfgemeinde abgabenpflichtig war. Sonst war der Leibeigene
dem Freien zivilrechtlich gleichgestellt. Er hatte freie Berufswahl und freie
Verfügung über sein Eigentum. Begründet wurde die Leibeigenschaft für den einzelnen
durch Geburt, durch Wohnsitznahme als Freier in der Dorfgemeinde oder
zufolge Verheiratung mit einer leibeigenen Person.10

Zwei Hauptverpflichtungen waren dem Leibeigenen auferlegt: Schollensäßigkeit
und Abgabenzwang. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Markgrafen durfte der
Leibeigene nicht aus seinem Dorf, später nicht aus seinem Amt in ein anderes
wegziehen. Grundsätzlich hatte er keinen Rechtsanspruch auf Entlassung aus der
Leibeigenschaft. Sie war ausschließlich einem Gnadenakt des Markgrafen vorbehalten
. Gewährte der Markgraf diese Gnade, so mußte zuvor ein Entlassungsgeld,
die sogenannte „Manumission", an das markgräfliche Rentamt entrichtet werden.
Die Manumission war eine Art Abfindung dafür, daß mit der Entlassung aus der
Leibeigenschaft der Entlassene nicht nur aller übrigen mit der Leibeigenschaft verbundenen
Abgaben ledig war, sondern auch seine Arbeitskraft und sein Vermögen
als Wert der Dorfgemeinschaft entzog. Sie wurde zwischen fünf und zehn Prozent
des gesamten Vermögenswertes einschließlich der Aussaat und der zu erwartenden
Ernte bzw. der Feldfrüchte berechnet. Allerdings wurde sie erst bei der Entlassung
fällig und war somit keine jener wiederkehrenden oder wiederholbaren Abgaben
wie der Leibschilling, der Todfall, der Abzug, der Abzugspfundzoll, auch Landschaftsgeld
genannt.11 Im einzelnen stellten sich die Abgaben so dar:

1. Der Leibschilling war jährlich vom Ehemann in Geld, von der Ehefrau als
Leibhuhn in Form von Federn oder Geld abzuliefern. Diese allgemeine Abgabepflicht
begann mit der Verheiratung und hatte zweierlei zu bedeuten. Einmal
stand sie als äußeres Zeichen für wirtschaftliche Selbständigkeit. Zum anderen
war die Ablieferung des Leibschillings die förmliche Anerkennung der Leibeigenschaft
für die ganze Familie. In der Praxis hat besonders im Baden-Durlachischen

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