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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 89
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0091
war.43 Johann Gottfried Herder sprach von „Deutschlands bestem Fürsten".
Schon Jahre vorher, bei dem Auftrag, eine „Historia Zaringo Badensis" zu verfassen
, schrieb der in Sulzburg geborene Historiker, Straßburger Universitätsprofessor
, Lehrer Goethes und badische Hofhistoriograph Johann Daniel Schöpflin
die prophetisch anklingenden Worte: „Gnädigster Herr, Sie bilden eine neue Epoche
in Europa aus".44 Und Johann Peter Hebel dichtete nach Carl Friedrichs Tod
zum Gedenken an den 23. Juli alemannisch schlicht: „O wär er do, o chönnt er's
seh, der liebe Fürst, Gott het en ge! Er isch so gnädig, isch so gut, 's wird Wohl-
that, was er denkt und thut."45

Ein erster bedeutungsvoller Schritt war getan. Es gab keinen Unterschied mehr
zwischen Freien und Leibeigenen. Gewissermaßen mit einem Federstrich war jene
äußerliche formelle Freiheit geschaffen, die keine zehn Jahre später im Nachbarland
Frankreich mit so viel Blut und Revolution erkämpft werden mußte.

Die von Carl Friedrich eigenhändig verfaßte „Antwort auf die Danksagungen
des Landes nach Aufhebung der Leibeigenschaft und einiger Abgaben" ist zur
Säkularfeier 1883 nachgedruckt worden und hat als „Badische Landestafel" im
Land weite Verbreitung gefunden. Weil ihr Text aber so offenkundig ein ganz persönliches
Porträt und Charakterbild des Markgrafen zeichnet, hat der Magistrat
der Stadt Freiburg die „Antwort" Carl Friedrichs schon im Jahre 1806 als Flugblatt
unter der Freiburger Bürgerschaft verteilen lassen, um die Zurückhaltung,
teilweise auch Aversion gegen den bevorstehenden Huldigungsakt für den neuen
Landesherrn, Großherzog Carl Friedrich von Baden, abzubauen.46 Wer heute den
in diesem Dokument geoffenbarten Überlegungen, Gedankengängen und Motiven
nachspürt, die einst Carl Friedrich zu seinem Entschluß geführt haben, „ein freies
wohlhabendes, gesittetes, christliches Volk noch immer mehr heranwachsen (zu)
machen", dem wird bewußt, daß die in dieser „Antwort" gebrauchten Begriffe
von Menschenwürde, Freiheit, Sitte, Religion, Tugend, Ehre und Gewissen keine
leeren Vokabeln sind. Sie strahlen auch heute noch den Edelmut, die menschliche
Größe und Wärme, das ganze Charisma dieses feinsinnigen, hochgebildeten und
zutiefst frommen Landesfürsten aus, das so viele seiner sogenannten Untertanen
in persönlicher Begegnung erfahren haben.

Wir können es heute durchaus nachempfinden, wie die Bewohner der badischen
Dörfer die Aufhebung von Beschränkungen der Freizügigkeit, den Wegfall demütigender
Suppliken und schwer aufzubringender finanzieller Abgaben feierten.
Denn nun öffnete sich auch für sie der Weg in eine größere und vor allem freiere
Welt. Welches aber ist heute unsere Situation, von der sich eine bescheidene Wirklichkeit
vor 200 Jahren greifen läßt? Gewiß, wir in den Ländern der europäischen
Gemeinschaft können unsere Freizügigkeit beliebig von Dorf zu Dorf, von Stadt
zu Stadt, von Land zu Land, ja sogar von Kontinent zu Kontinent wahrnehmen.
Freizügigkeit, freie Wahl des Wohnsitzes, freie individuelle Entfaltungsmöglichkeiten
, Gegebenheiten, die vor 1783 noch außerhalb jeder Vorstellung lagen, sind
heute selbstverständliche Güter, die wir für uns in Anspruch nehmen. Wieweit
sind sie jedoch Allgemeingut?

Wenn wir an die deutsch-deutsche Grenze denken, an den Visazwang, den
Zwangsumtausch von Geld, auch daran, daß nicht genehmigter Grerizübertritt in

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