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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 105
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0107
kürlichkeit in der Behandlung des Volkes, mußte ich doch lachen, wie drollig der
Mann das Gesetz dolmetschte. Doch nun ging's weiter. Anfangs hart an der Elbe
hin. Dann, in der größten Hitze des Mittags, nach dem Dorfe W e r k 1 e i t z, jenseits
desselben eine Fähre mich über die Saale brachte, welche nicht weit davon in
die Elbe mündet. Sie war schon wieder in ihr Bett zurückgetreten. Ich war sehr ermattet
, und das Fieber ließ nur allmählich etwas nach. Da ich indessen weder in
Rosenburg, einem hübschen Dorfe, noch in den darauf folgenden Nestern
Patzetz und Sachsendorf einen Wagen bekommen konnte, so mußte ich
wohl oder übel zu Fuße weiter gehen. Die Armut scheint hier und im benachbarten
Köthen'schen sehr groß. Ich sah in jedem Dorfe meist nur 1 Haus mit Ziegel
gedeckt. In Sachsendorf waren die zwei einzigen Pferde mit einer Leiche drei
Stunden weit gefahren und der Wirt machte große Augen, als ich erklärte, bei ihm
übernachten zu wollen. Doch endlich faßte ich Mut, und als ich Wulfen, das
noch 2 Stunden entfernt sein sollte, schon nahe vor mir sah, fing ich munter an,
draufloszugehen und kam endlich an. Am Tore sonnten sich auf dem Rasen zwölf
Männer, die mir als den besten Gasthof ein nahes Haus bezeichneten. Sie waren
die ersten, mit denen ich verständlich auskam: Sonst, wenn ich fragte: „Wo ist
der beste Gasthof?", wurde ich nicht verstanden, weil „wo" in der Gegend von
Kothen bis weit nördlich, ich glaube bis Ostfriesland, „wie" bedeutet. So hört
man auch bei Magdeburg das platte „datu, „watu etc. Nur die Brüdergemeinde in
Gnadau macht eine rühmliche Ausnahme.

Der Gasthof in Wulfen war eine gewöhnliche Dorfschenke; als es dunkel wurde,
versammelten sich die Juden des Dorfes, fingen an zu spielen, Zoten zu reißen
und zu singen. Drauf kam ein Weibsbild aus der Gegend von Quedlinburg, welche
für 1 Groschen den Juden die Karten schlug. Es traf einer um den andern hinzu,
erlegte seinen Groschen, zog drei Karten und ließ sich sein Schicksal daraus wahrsagen
. Doch erregte die immerwährende Wiederkehr der gleichen Redensarten
endlich Gelächter, und mehrere äußerten ihre Ungläubigkeit. Einer war darunter,
der sich durch alles Zureden nicht bewegen ließ, auch mitzumachen. Müde legte
ich mich endlich nieder, konnte aber vor Wallung des Blutes nicht sehr ruhig
schlafen. Des Morgens hatte ich gar keine Eßlust, doch ergriff ich, nachdem
schlechter Kaffee mich etwas erfrischt, den Wanderstab und pilgerte munter nach
des Ländchens Hauptstadt Kothen, welches von hübschen Anlagen umzäunt
ist. Die Straßen sind hell, obwohl nicht breit. Von fröhlichem Lärm hört man
wenig. Nachdem ich mich etwas erholt hatte, ging ich in meinem Reiseanzug aus,
die Stadt und das Schloß zu besehen. Letzteres hat nicht viel Schönes. Die Häuser
sind nicht einmal angestrichen; wie es innen aussieht, weiß ich nicht. Ich saß einige
Zeit auf einigen Steinblöcken im äußern Hofe und wollte die Musik der Wacht-
parade hören, als es sich aber zu lange verzog, ging ich in den inneren Schloßhof,
von wo ich kurz zuvor den katholischen Geistlichen des Herzogs in seiner schwarzen
Priesterkutte hatte herauskommen sehen. Der fromme Mann schnitt ein so andächtiges
Compliment gegen die grüßenden Offiziere, daß mir bange ward. Als
ich eine Weile innen an dem Schloßgraben auf und ab gegangen, sah ich durch
das Schloßtor einige Soldaten marschieren. Sie kamen auf mich zu. Der Unteroffizier
winkte mich näher: „Auf Befehl seiner herzoglichen Durchlaucht sind Sie

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