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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 111
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0113
Die innerhalb der Freiburger Professorenschaft angespannte Atmosphäre charakterisierte
Sauer in einem Tagebucheintrag zum 22. Mai sehr eindringlich: Empörung
in der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät, besonders aber auch bei
den Medizinern, wo vor allem von Möllendorff und der Psychiater Hoche die
Wortführer waren.18

Und in dies alles ist eingebettet die Rektoratsrede vom 27. Mai 1933, die viel erörterte
, zu der wir nur relativierend Stellung nehmen können, relativierend insofern
, als vom hohen Podest heruntergestiegen werden muß in die Niederungen des
alltäglichen Geschehens. Mit Sicherheit wollte Martin Heidegger in dieser, seinen
geistigen Führungsanspruch überhöhenden Rede auch programmatisch wirken,
sich nicht nur zur geistigen Führung der Hohen Schule von Freiburg bekennend,
sondern auch zugleich das Wesen der deutschen Universität bestimmend, das erst
,,zu Klarheit, Rang und Macht** komme, ,,wenn zuvörderst und jederzeit die Führer
selbst Geführte sind — geführt von der Unerbittlichkeit jenes geistigen Auftrags
, der das Schicksal des deutschen Volkes in das Gepräge seiner Geschichte
zwingt**. Die Einwurzelung von Führerschaft und Gefolgschaft in dieses Wesen
kann nur über die Selbstbehauptung der deutschen Universität, verstanden als Wille
zu ihrem Wesen, erreicht werden. ,,Der Wille zum Wesen der deutschen Universität
* * — so lesen wir — ,,ist der Wille zur Wissenschaft als Wille zum geschichtlichen
geistigen Auftrag des deutschen Volkes als eines in seinem Staat sich selbst
wissenden Volkes", dies aber bedeutet für Martin Heidegger, daß die geistigen
Führer des Volkes, die Lehrerschaft der Universität, wirklich vorrücken müssen*'
in den äußersten Posten der Gefahr der ständigen Weltungewißheit**, da die geistige
Welt allein dem Volke die Größe verbürge. Diese geistige Welt eines Volkes aber
sei die Macht der tiefsten Bewahrung seiner erd- und bluthaften Kräfte als Macht
der innersten Erregung und weitesten Erschütterung seines Daseins.

Der Historiker wird solches Philosophieren von der Theorie an der Praxis zu
messen haben, wie diese auf Martin Heidegger als Rektor angewendet werden
kann, da doch nach Heidegger ,,die Theorie selbst als die höchste Verwirklichung
echter Praxis zu verstehen** ist. 19 Wir fahren also in der Überprüfung fort: Die bevorstehende
Rektorenkonferenz vom 8. Juni 1933 zu Berlin schien ihm geeignet,
den inzwischen gleichgeschalteten Hochschulverband auszuhebein.20 Indes: Eine
Mehrheit der Rektoren stützte den Hochschulverband, so daß Heidegger nur auf
wenige Kampfgefährten verwiesen blieb: auf den Frankfurter Rektor Ernst Krieck,
den Göttinger Rektor Friedrich Neumann und den Kieler Rektor Wolf; zu viert verließen
sie unter Protest die Rektorenkonferenz, ohne daß diese Demonstration allzu
großen Eindruck hervorgerufen hätte. In den folgenden Wochen entspann sich
ein Briefwechsel zwischen Heidegger und Neumann (Göttingen), aus dem deutlich
wurde, daß dieser engere Kreis, diese Vierergruppe, in einer Art verschworener Gemeinschaft
das gemeinsam erkannte Ziel ansteuerte, nämlich aus der gegnerischen
Front einige Sympathisanten herüberzuziehen, um mehrheitsfähig zu werden. Der
Göttinger Rektor Neumann schlug ein gemeinsames Treffen am Ende des Sommersemesters
vor, um mit den Erfahrungen des Semesters den weiteren Gang der Dinge
zu bereden.21 Bei diesem Treffen sollte auch die Frage der Universitätsverfassung
durchgesprochen werden. Mit Interesse kann in dieser Phase des ausgehenden Som-

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