Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 112
(PDF, 32 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0114
mersemesters 1933 registriert werden, daß es mehr universitätspolitische Gemeinsamkeiten
zwischen Ernst Krieck und Martin Heidegger gegeben hatte, als nach den
bald öffentlich einsetzenden Attacken (seit Frühjahr 1934) des Frankfurter Rektors
auf die Philosophie Heideggers vermutet werden konnte. Es ist bekannt, was seit
1934 an Gehässigkeit dieses anderen Alemannen — Krieck stammte aus dem Mark-
gräfler Land — über Heidegger ausgeschüttet worden ist, bis hin zu einer unglaublich
primitiven Dissertation über Heideggers Philosophie, die Krieck, dann Professor
in Heidelberg, angeregt hatte.22 Heideggers „Tatsachen und Gedanken4 4 spielen
immer wieder auf Ernst Krieck an, dessen Einfluß in der NSDAP freilich Heidegger
weit überschätzt.

Bilanzieren wir an dieser Stelle und fragen: Welches Ziel verfolgte der Freiburger
Rektor? Wollte er auch der eindeutige und unbestrittene Führer der deutschen Rektoren
werden — also der Führer der Führer des geistigen Deutschlands nach dem
Richtmaß seiner Rektoratsrede? Die Frage ist zunächst nicht von der Hand zu weisen
, auch wenn sie in Anbetracht noch nicht zugänglicher Quellen fürs erste auf
sich beruhen bleiben muß und eher auf einen Indizienbeweis hinausläuft. Doch vieles
von dem, was wir wissen, spricht für eine bejahende Antwort. Im praktischen
Besorgen erreichte Martin Heidegger, der sich durch unterschiedlich bewertete Reden
in Freiburg, Heidelberg und Kiel (Ende Juni/Anfang Juli) in der deutschen
Hochschullandschaft den Ruf eines besonders radikalen Vertreters der Bewegung
eingehandelt hatte23, daß in Baden — vermutlich mit Unterstützung durch den
Frankfurter Rektor Ernst Krieck — am 21. August 1933 eine neue vorläufige Universitätsverfassung
erlassen wurde24, wonach ab 1. Oktober der Rektor vom Kultusminister
zum Führer der Universität ernannt wurde, ohne daß der Universität irgendeine
Mitwirkungsmöglichkeit eingeräumt wurde. Eine Begrenzung der Amtszeit
war nicht vorgesehen. Das Land Baden war seinem Ruf eines „Musterländles"
erneut treu geblieben. Der Rektor selbst ernannte die Dekane als Führer der Fakultäten
, inskünftig die Universität nach dem reinen Führerprinzip gestaltend. Kein
anderes Reichsland ging ähnlich radikal vor, vielmehr blieben die Bayern, die Preußen
, die Sachsen und andere zunächst noch abwartend. ,,Das war Heideggers
Werk. ,Finis universitatum!' " — Ende der Universitäten — so notierte Josef Sauer
am 22. August 1933 ins Tagebuch. ,,Und das hat uns dieser Narr von Heidegger
eingebrockt, den wir zum Rektor gewählt haben, daß er uns die neue Geistigkeit
der Hochschulen bringe. Welche Ironie! Wir können vorerst nichts anderes machen
als hoffen, daß die übrigen deutschen, besonders die preußischen Universitäten,
diesen Schritt in den Abgrund nicht mitmachen, wiewohl sie sehr deutlich dazu aufgefordert
werden; dann wird diese badische Kuriosität bald aus der Welt geschafft
sein/4

Freilich muß die Frage nach der Art und dem Grad der vermuteten Mitwirkung
Heideggers offen bleiben, da keine aktenmäßige Fundierung möglich ist. Bei der ersten
Fassung des Gutachtens des politischen Reinigungsausschusses vom September
1945 bereits wurde als Tatsache festgestellt, ,,daß er eifrige Mitarbeit leistete an der
Umwandlung der Universitätsverfassung im Sinn des neuen ,Führerprinzips' "25, in
„Tatsachen und Gedanken44 (S. 35) berichtet Heidegger, daß er die Verfassungsänderung
vorgeschlagen habe, damit die Dekanate so besetzt werden konnten,

112


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0114