Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 113
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0115
„daß das Wesen der Fakultäten und die Einheit der Universität gerettet werden
konnten4 6. Damit war die rechtliche Handhabe — und alle Gegenvorstellungen, etwa
der Freiburger juristischen Fakultät, über die Zulässigkeit der Karlsruher Verordnung
gelangten nicht ins Ziel — für das praktische Besorgen des Entwurfs der
Rektoratsrede vom 27. Mai gegeben, für den Führer-Rektor Martin Heidegger, der
zum 1. Oktober 1933 ernannt wurde. Die von Heidegger voll mitzuverantwortende
neue Universitätsverfassung stand im Begründungszusammenhang seines Denkens
und Handelns. Die völlige Erneuerung der deutschen Hochschulen könne nur erreicht
werden, wenn die Hochschulreform einheitlich und umfassend im ganzen
Reich vorgenommen werde, war in der Karlsruher Präambel formuliert. Dem Führer
-Rektor kamen alle Befugnisse des seitherigen Senates zu — dem Gremium blieb
nur noch eine beratende Funktion. Mit der Ernennung Heideggers zum Führer-
Rektor sollte eine neue Ära beginnen, da jetzt erst der Aufbruch aus den verkrusteten
Formen der alten überlebten Universität geschehen konnte.26 Und der zum
Führer-Rektor ernannte Martin Heidegger sah sich in den ersten Oktobertagen
noch in der Fülle der Möglichkeiten, nämlich von Freiburg aus die totale Erneuerung
der deutschen Universität nach den Maßstäben seiner Rektoratsrede zu gestalten
, die Universität aus der Periode der Uneigentlichkeit herausreißend.

Er hatte in jenen Tagen einen weiteren Ruf an die Universität Berlin abgelehnt
und wollte bewußt in der Provinz bleiben. Dem Entwurf einer dürren Mitteilung an
die Dozenten der Freiburger Universität über seine Ernennung zum Rektor fügte er
am 2. Oktober eigenhändig folgenden Passus hinzu27: „Ich werde nicht nach Berlin
gehen, sondern an unserer Universität versuchen, die durch die vorläufige neue
Verfassungsregelung in Baden gegebenen Möglichkeiten zu einer echten und erprobten
Wirklichkeit zu gestalten, um damit den einheitlichen Aufbau der künftigen
gesamtdeutschen Hochschulverfassung vorzubereiten. Auf Wunsch der Berliner
Regierungsstellen werde ich auch fernerhin engste Fühlung mit der dortigen Arbeit
behalten.6 6 — Ein Programm hochgestimmter Erwartung, der die Wirklichkeit
freilich nicht mehr entsprach. Nur wußte Martin Heidegger dies noch nicht, nämlich
daß die Berliner Regierungsstellen ihn aus taktischen Gründen als Aushängeschild
verwendeten, für die Führungspositionen jedoch bewährte alte Kämpfer ausersehen
hatten, die für ihre krude Ideologie taugten. Denn: Die Übereinkunft zwischen
Nationalsozialismus und dem Denken Heideggers konnte nicht währen, wollte
Heidegger sich nicht selbst aufgeben und umgekehrt. Freilich: Heidegger wußte
dies noch nicht. Es stand nicht in seiner Voraussicht. Und wer von den Geführten,
von der Gefolgschaft konnte dies begreifen? Konnte erfassen, daß die politische
Philosophie Heideggers längst gescheitert war? Zumal wenn sie vernahmen, was
der Rektor nicht nur in Freiburg, sondern weltweit am 11. November 1933, am
Vorabend jener ersten plebiszitären Abstimmung über die Politik Hitlers (Zustimmung
zum Austritt aus dem Völkerbund und Wahl einer Einheitsliste für den
Reichstag) proklamierte, wesentliche Elemente der Rektoratsrede mit der bisherigen
Politik Hitlers verbindend — wohl die schlimmste, öffentlich bekanntgewordene
Verirrung des Philosophen, als er zu solchen Sätzen fand28: „Wir haben uns losgesagt
von der Vergötzung eines boden- und machtlosen Denkens. Wir sehen das
Ende der ihm dienstbaren Philosophie. Wir sind dessen gewiß, daß die klare Härte

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