Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 123
(PDF, 32 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0125
jüdischen Privatdozenten reihenweise entlassen wurden. Ich nenne nur einige Namen
— aus dem Anfang des Alphabets: Ernst Alexander, Privatdozent für physikalische
Chemie und Mitarbeiter bei von Hevesy; Franz Bergel, Privatdozent für
Chemie; Fritz Bondy, Assistent am Chemischen Institut; Heideggers eigener Assistent
, Werner Brock, Privatdozent für Philosophie, dem mit Erlaß vom 27. 9. 1933
die Lehrbefugnis gemäß § 3 Abs. 1 des GWB und Nr. 8 zu § 7 der dritten Verordnung
entzogen wurde. Martin Heidegger hat am 10. 11. 1950 im Zusammenhang
mit der Wiedergutmachung für Werner Brock sich in seinem Gutachten zu den
Vorgängen von 1933 wie folgt geäußert: ,,Als Herr Dr. Brock 1933 hier nicht länger
zu halten war, verschaffte ich ihm durch zwei Gutachten, die an die maßgebenden
Professoren der Philosophie im Cambridge gerichtet waren, eine Lektorenstelle
an der dortigen Universität.44 52 Es ist die Sprache der Passivität — die Verfahren
liefen massenweise und nach gleichem Muster ab, ohne einen Protest. Wenige Tage
nach der Entlassung Brocks wurde Heidegger zum Führer-Rektor ernannt. Die
eben begonnene Reihe könnte fortgesetzt werden.53 Etwa mit dem nahen Fachkollegen
Heideggers, dem etatmäßigen außerordentlichen Professor für Philosophie,
Jonas Cohn, der schon 1897 die Voraussetzungen für die Erlangung einer ersten
planmäßigen Anstellung erreicht hatte; er wurde zum 1. 12. 1933 in den Ruhestand
versetzt.54 „Am 25. August erhielt ich die Mitteilung, daß ich auf 1. 12. zur Ruhe
gesetzt sei — ohne ein Wort des Dankes — aber, wie ich im Dezember erfuhr, mit
angemessener Pension. Die Schüler, die bei mir Arbeiten begonnen hatten, Fräulein
Moser, Herrn Winkler, Herrn Parden, Herrn Aretin-Eggert, Herrn Lehrer,
Fräulein Mussei empfahl ich an Honecker. Von dem pekuniären Verlust abgesehen
(der mir meiner Kinder und Enkel wegen nicht gleichgültig sein darf) begrüße ich
es, daß ich an einer Universität, die so ganz verschieden ist von der, der ich 36 Jahre
gedient habe, nicht mehr zu lehren brauche'S notierte Cohn in seinen Aufzeichnungen
. 55

,,Das einzig aber auch nur im negativen Sinne Fruchtbare bestand darin, daß ich
bei der ,Säuberungsaktion4, die oft über die Ziele und Schranken hinauszudringen
drohte, Ungerechtigkeiten und Schädigungen der Universität und Kollegenschaft
verhindern konnte. Die bloß verhütende Arbeit trat in ihren Leistungen nicht in die
Erscheinung, und es war auch unnötig, daß die Kollegenschaft davon etwas
erfuhr." Diese Sätze Heideggers aus „Tatsachen und Gedanken" können wohl auf
sich beruhen bleiben. Aber er fährt dann weiter: „Angesehene und verdiente Kollegen
der juristischen, medizinischen und naturwissenschaftlichen Fakultäten würden
erstaunt sein, wenn sie hörten, was ihnen damals zugedacht war,'' — eine dunkle,
fast geheimnisvolle Formulierung.

Das Gesetz GWB enthielt auch einen § 4: „Beamte, die nach ihrer bisherigen politischen
Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit rückhaltlos für
den nationalen Staat eintreten, können aus dem Dienst entlassen werden. Auf die
Dauer von drei Monaten nach der Entlassung werden ihnen ihre bisherigen Bezüge
belassen. Von dieser Zeit an erhalten sie drei Viertel des Ruhegeldes (§ 8) und entsprechende
Hinterbliebenenversorgung.'(

Der gesamten Aktenlage, die mir zugänglich war, ist nicht zu entnehmen, daß gegen
arische Professoren, Privatdozenten oder Assistenten irgendwelche Aktionen

123


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0125