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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 140
(PDF, 32 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0142
Der Kath. Jugendverband hat an dem betreffenden Ort sein Verbandslokal gegenüber der Hitlerju
gend. Ich unterbrach daher mit der Frage: „Wo?", um zu erfahren, wo (an welchem Orte Badens) die
Sache sich abgespielt hatte, bzw. von wo ich angerufen würde. Darauf erklärte mir der Anrufende sehr
erregt, ich hätte nichts zu fragen, ob ich zu befehlen hätte oder er. Ich erwiderte, ich wolle ja nur wis
sen, wo denn die Sache geschehen sei, eben weil ich ja immer noch nicht wußte, von wo ich angeru
fen wurde. Darauf machte mir der Anrufende, wie ich fühlte, in noch größerer Erregung Vorwürfe
schärfster Art, so daß ich schließlich, aufs äußerste verwundert und besorgt, es könnte in der betref
fenden Stadt etwas recht Unangenehmes vorgekommen sein, einwarf, wer denn eigentlich anrufe. Auf
die Antwort: Reichsstatthalter Wagner*' war ich selbstverständlich wie vor den Kopf geschlagen und
bat dringend um Entschuldigung, daß ich zu Anfang seinen Namen nicht gehört und verstanden hätte.
Der Herr Reichsstatthalter machte mir die schwersten Vorwürfe, an die ich mich wegen meiner begreif
liehen Aufregung im einzelnen nicht mehr genau erinnern kann. Vor Schrecken über das Vorkommnis
vergaß ich, den Hörer einzuhängen und lief aus dem Zimmer, um sofort dem Herrn Ministerialdirektor
Bericht zu erstatten.

Zeugen: Die zufällig im Zimmer anwesenden Lehramtsassessor Schwall und Fräulein Becker. Die
Genannten werden auch bestätigen können, daß ich, während ich sonst, wenn ein Vorgesetzter anruft,
immer den Fernsprecher unwillkürlich in dienstlicher Haltung in der Hand habe und den Anrufenden
mit seiner Amtsbezeichnung anrede, dies im vorliegenden Fall erst im zweiten Teil des Gesprächs tat,
nachdem ich wußte, daß der Herr Reichsstatthalter mit mir redete. Da ich noch nie die Ehre hatte, per
sönlich mit dem Herrn Reichsstatthalter zu sprechen, konnte ich ihn auch nicht an der Stimme erken
nen.

Schließlich werden meine sämtlichen Vorgesetzten und Amtsgenossen mir bezeugen, daß ich weiß,
was sich für einen Beamten einem Vorgesetzten gegenüber gehört. Außerdem wird mich niemand für
so töricht halten, daß ich gegen einen Befehl des Herrn Reichsstatthalters einen Widerspruch oder eine
Frage hätte (...)

Zusammenfassend erkläre ich bei meinem Diensteid, daß ich keine Ahnung davon hatte, daß der
Herr Reichsstatthalter mit mir sprach. Ich habe den bei Ferngesprächen häufigen Fehler ge
macht, nicht sofort zu unterbrechen und nach dem Namen des Anrufenden zu fragen.

Selbstverständlich bedaure ich außerordentlich, daß sich der Herr Reichsstatthalter meinetwegen so
erregt hat und weil er von der Annahme ausging, ich wüßte, wer mit mir spreche den Eindruck
haben konnte, einen Beamten vor sich zu haben, der nicht weiß, was er zu tun hat, wenn der Herr
Reichsstatthalter einen Befehl erteilt.

Karlsruhe, den 7. Februar 1934. Wohleb.

Dokument 2

Der Minister Karlsruhe, Februar 1934

des Kultus, des Unterrichts
und der Justiz

Abteilung Kultus und Unterricht
Aktenbemerkung

Auf Einbesteilung hin erschien heute mittag 1 Uhr der Kreisleiter von Donaueschingen, Pg. Sedel
meyer45 in meinem Amtszimmer und zwar in Begleitung von Professor C.46, Donaueschingen, der aber
nicht einbestellt war. Zunächst hatte ich eine Unterredung mit Pg. Sedelmeyer unter vier Augen; später
wurde Professor C. hinzugezogen. Ich erklärte Herrn Sedelmeyer, daß Oberregierungsrat Wohleb nach
Donaueschingen als Direktor des dortigen Gymnasiums versetzt werden müßte und bat den Kreisleiter,
alles zu tun, um diese Versetzung zu erleichtern. Es dürfte unter keinen Umständen von der politischen
Leitung oder von irgend einer anderen Seite Kritik an der Maßnahme der Regierung geübt werden. Pg.
Sedelmeyer teilte mir mit, daß ihm diese Versetzung zwar nicht besonders zusage, da Oberregierungsrat
Wohleb ein bekannter Zentrumsmann gewesen sei. Ich erklärte Herrn Sedelmeyer, daß Oberregierungs
rat Wohleb weder Landtagsabgeordneter noch Stadtrat noch irgend ein anderer Funktionär der Zen
trumspartei gewesen sei. Ich bezweifle sogar, daß er überhaupt der Zentrumspartei angehört habe. Der
Kreisleiter Sedelmeyer gab dann selbst zu, daß Oberregierungsrat Wohleb in Donaueschingen als fleißi

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