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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 174
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III

In Freiburg war (vom individuellen Akt des Sterbens abgesehen, der ja auch sein
festes, wenngleich nicht vorgeschriebenes Ritual hatte, wie wir gesehen haben) fast
alles, was mit Tod und Begräbnis zu tun hatte, durch amtliche Bestimmungen festgelegt
. In diesem Zusammenhang sind vor allem die verschiedenen Leichenordnungen
zu nennen, die alles bis in kleinste Einzelheiten regelten (und allgemein gültige
Aussagen erlauben), denn das ganze Bestattungswesen war in kommunaler Hand;
das älteste private Bestattungsinstitut ist nach eigener Aussage erst nach 1945 gegründet
worden.

Doch obwohl die älteste städtische Leichenordnung von 1822 stammt, gab es
schon frühere amtliche Verordnungen: So war durch Kaiser Joseph II. ein Sterbregister
für diejenigen Städte vorgeschrieben, die bereits einen Totenbeschauer besaßen
.16 Aus einem Erlaß der K. K. Vorderösterreichischen Kammer an den Magistrat
, daß die Ärzte und die medizinische Fakultät diese Vorschrift beherzigen sollten
, wird ersichtlich, daß Freiburg bereits 1786 einen Totenbeschauer besaß, den
Chirurgen Veit KarL16a Wenn jemand gestorben war, kam also der Totenbeschauer
ins Haus, der prüfen mußte, ob der Tod auch wirklich eingetreten war. Er bestimmte
auch den Zeitpunkt der Beerdigung, wobei diese weder zu früh noch zu
spät (aus hygienischen Gründen) stattfinden durfte.17 Diese amtliche Totenbeschau
— in Freiburg wurde sie zur Zeit der Leichenordnung von 1822 vom Wundarzt
vorgenommen 18 — geht auf die alte Furcht vorm Scheintod und dem Lebendigbegraben
-werden zurück, die schon seit der Antike belegt ist und noch heute in der
Form von Horrorgeschichten durch gewisse Druckerzeugnisse geistert. Diese Angst
ist um 1740 herum angewachsen und hielt während der ganzen ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts an, um dann allmählich wieder abzuflauen.19 In Freiburg führte
sie zum Bau des Leichenhauses, von dem noch die Rede sein wird.

Für die Versorgung der Toten waren „Leichenmann oder -frau" zuständig, zumindest
bis 1822.20 (Hier wäre auch einmal auf die Unbefangenheit hinzuweisen,
mit der das 19. Jhr. von „Leichen" redet. Man spricht in Freiburg von einem Toten
nur als von der „Leich", und wenn es sich um nächste Verwandte handelt. In
sprachlicher Hinsicht benutzt man also keinen Euphemismus für den Tod: Man
nennt die Dinge beim Namen), Ob der letzte Liebesdienst in den ersten 20 Jahren
des Jahrhunderts noch von den Angehörigen und Nachbarn verrichtet wurde, wie
auf dem Lande noch bis ins 20. Jahrhundert üblich, konnte nicht nachgewiesen
werden.

Mit dem sogenannten „Leichenpersonal" scheinen des öfteren Mißliebigkeiten
vorgekommen zu sein, denn 1822 heißt es ausdrücklich:

„Diejenigen Personen, welche zur Behandlung der Leiche aufgestellt sind, dürfen
bei empfindlicher Geld- oder körperlichen Strafe über die Polizeitaxe sich weder
weitere Forderungen noch Zueignungen bei diesem Geschäfte erlauben ".21

Angesichts solcher Vorschriften muß natürlich auch festgehalten werden, daß es
mit der Bezahlung des Leichenpersonals nicht zum besten stand. Das Personal war
nur „auf Widerruf und auf Wohlverhalten" angestellt und hatte weder Anspruch
auf „lebenslängliche Belohnung im Dienst, noch auf Pension".22 Daß das Personal
, das sicher aus der ärmsten Bevölkerungsschicht stammte — wer sonst wohl

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