Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 181
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1984/0183
„Freiburg, 28. Nov. Heute Mittag um 3 Uhr fand das feierliche Leichenbegängnis
des verstorbenen Hofraths und Professors Karl v. Rotteck statt. Die allgemeine
innige Theilnahme, welche gleich bei der ersten Nachricht von seinem Tode sich
kund gegeben, hat sich auch bei dieser Trauerfeier auf das unzweideutigste ausgesprochen
. Schon den Tag zuvor und heute bis Mittag war eine Menge Menschen,
jung und alt, selbst Landleute in großer Zahl, nach dem Trauerhaus geströmt, um
sich noch einmal das Bild des berühmten Mannes, der neben dem reich verzierten
Kasten lag mit den silbernen Pokalen und der Bürgerkrone, welche alle die lautredenden
Zeugen seines volksthümlichen Strebens sind, tief in die Seele einzuprägen
. Es war ein unendlich rührender Moment, Zeuge so ungeheuchelter Verehrung
zu seyn. Der Trauerzug selbst war einer der zahlreichsten, den wir seit vielen Jahren
hier gesehen. Alle Stände und Klassen haben Theil genommen und selbst aus der
Umgegend von mehren Stunden haben Freunde und Verehrer des Verblichenen sich
eingefunden. Eine besonders ehrenvolle Auszeichnung hat dem Verblichenen die
Stadt Kenzingen erwiesen, deren Ehrenbürger er war. Der dortige Gemeinderath
und Ausschuß mit dem wackern Bürgermeister an der Spitze, der dortige Dekan
und eine große Anzahl Wahlmänner des Bezirks, mehr als 40 Personen, waren zur
Trauerbegleitung ihres berühmten Mitbürgers und Deputirten hierhergekommen,
während in Kenzingen selbst ein Trauergeläute angeordnet war und nächsten Montag
noch ein Traueramt stattfinden wird.

Den Leichenzug eröffneten die Studirenden der Universität mit ihren Marschällen,
dann kam der Leichenwagen von einem Sechsgespann weißer Pferde gezogen,
neben denen Studirende in Trauerkleidung gingen. Hinter der Leiche folgten die
Söhne und Verwandten, die Universität in Corpore, und dann die zahlreiche Begleitung
, aller Stände, unter denen auch die Bürger von Kenzingen sich befanden. In
fast unabsehbaren Reihen bewegte sich der ernste Zug durch die Straßen; auf beiden
Seiten standen lautlos dicht gedrängte Menschenmassen vom Trauerhaus bis
fast zum Friedhofe, wo die Studirenden während der Beerdigung abwechselnd mit
der Musik einen ergreifenden Trauergesang vortrugen. Manche schmerzliche Träne
fiel in das Grab, das fortan die irdische Hülle unseres edlen Mitbürgers umschließt.
Doch wird die Erinnerung an ihn nie verwischen, sein Name wird fortleben diesseits
und jenseits des atlantischen Oceans, wo er durch den Geist seiner Schriften gewirkt
, bei Allen, die für ein uneigennütziges Streben für Licht undAufklärung, für
vernünftige Freiheit und Bürgerwohl empfänglich sind. "61

Auch hier wieder: Die ganze Universität begleitet einen der ihren zu Grabe. Im
übrigen fällt es nicht schwer, zu begreifen, welchen Eindruck ein solcher Trauerzug
in der Bevölkerung hinterließ, zumal er ja zu der Zeit noch durch die Straßen der
Stadt führte. Ab der obligatorischen Verpflichtung zur Benutzung des Leichenhauses
1875 fielen ja auch die Leichenzüge durch die Stadt weg — und damit auch ein
wesentliches Memento-Mori. Hierbei kam natürlich auch die Schaulust auf ihre
Kosten.

Die Begräbnisse von ärmeren Leuten konnten selbstverständlich nicht so prunkvoll
abgehalten werden, doch auch hier war die Teilnahme von Nachbarn, Freunden
, Bekannten und den Arbeitsgenossen am Leichenzug üblich und erwünscht: Je
mehr Teilnehmer, desto ehrender für den Toten und trostvoller für die Angehöri-

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