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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
104.1985
Seite: 66
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1985/0068
Soziale Veränderungen in der Gesellschaft des 14. Jahrhunderts

Die Untersuchung der führenden Personen 1388 bis 1392 hat uns ein selbstbewußtes
und wohlhabendes Zunftbürgertum gezeigt, das, gestützt auf die nicht
minder selbstbewußten Zunftgenossen, seinen Anteil an der Macht gefordert hat.
Somit werden jene tieferliegenden Entwicklungen deutlich, die sich innerhalb des
städtischen Sozialgefüges über längere Zeiträume vollzogen haben: zum ersten der
Aufstieg des Zunftbürgertums im 14. Jahrhundert, zum andern die „Feudalisie-
rung" des Patriziats im gleichen Zeitraum.

Seit der Stadtgründung hatte die Gruppe der Kaufleute und Adligen, — manche
Forscher benützen auch für Freiburg den Begriff „Patriziat"49 — eine unbestrittene
Führungsrolle in allen Bereichen ausgeübt, was auch am Urkundenbestand ablesbar
ist. Die wirtschaftliche Blüte Freiburgs im 14. Jahrhundert, die um die Jahrhundertmitte
wohl ihren Höhepunkt erreichte, hatte sich auch bei den Handwerkern
und Gewerbetreibenden ausgewirkt. Spätestens ab der Jahrhundertmitte treten
immer mehr Zünftige als Zeugen, als Ratsherren und Richter und auch als Handelnde
auf. Gerade die zunehmende Zahl von Stiftungen aus dem Bereich einzelner
Zunftfamilien verdeutlicht deren gestiegenes Selbstbewußtsein.

Erst das Gewerftbuch 1385 ermöglicht vergleichbare Aussagen.50 Obwohl es nur
fragmentarisch erhalten ist und rund die Hälfte der Stadt umfaßt, so verdeutlichen
die Angaben über die Vermögenshöhe, wie sehr die Zünfte auch finanziell
in die Spitzengruppe vorgestoßen sind. Untersucht man die 25 reichsten Freiburger
, die in dem fragmentarischen Gewerftbuch genannt werden, so sind es 15 Herren
, 4 Kaufleute und 6 Zünftige. Die alten Geschlechter, vermutlich ministeriali-
scher Herkunft, besetzten zwar immer noch die Spitzenplätze,51 doch bereits an
vierter Stelle erscheint der Wechsler Clewi Rohart aus der Bäckerzunft.52 Platz 7
hat dann die Eiglin aus der Metzgerzunft, eine Meisterswitwe, mit 620 Mark Silber
inne, gefolgt von Clewi von Biengen aus der Tucherzunft, dem 1386 bei Sempach
gefallenen Freiburger Oberstzunftmeister. Auf den Plätzen 14, 22 und 24 folgen
nun wiederum so bekannte Namen wie Heinrich Gesseler, Clewi Messerer und
Cuntz von Straßburg, deren Vermögen das der meisten Zunftgenossen erheblich
übertraf.53 Nach dieser Tabelle haben reiche Zünftige auch die Gruppe der Kaufleute
erheblich übertroffen, deren Reichster, Geben Banner, nur 350 Mark Silber
versteuerte.

Überraschend gering erscheint die Widerstandskraft der Herren und Kaufleute.
Einer gewissen Beliebtheit erfreut sich dabei die These, daß die hohen Verluste der
Schlacht von Sempach 1386, an der auf österreichischer Seite ein Freiburger Kontingent
teilgenommen hatte, Auslöser für die Ratsänderung von 1388 gewesen
seien. Erstmals von Schreiber vertreten, griffen sie in der Folge auch Geiges und
Hefele wieder auf. Noch pointierter vertrat sie G. Hinderschiedt, der behauptet,
daß die Zünfte nach der Niederlage von 1386 buchstäblich zur Machtübernahme
getrieben worden seien.55 Er vertritt überhaupt die Grundmeinung, daß die Zünfte
seit Beginn des 14. Jahrhunderts Schritt um Schritt ihren Einfluß planmäßig ausgebaut
hätten. Der siegreiche Vorstoß der Zünfte wird somit durchwegs in der Literatur
mit den hohen Verlusten des Adels und der Kaufleute erklärt.

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