Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
104.1985
Seite: 162
(PDF, 41 MB)
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oder einen selbständigen Handwerker schwer, eine Familie Tag für Tag zu ernähren
, zu kleiden, für Wohnung und Ausbildung zu sorgen, so erst recht für einen
Hilfsarbeiter. In einer der vier Hilfsarbeiterfamilien lebten zur Zeit der Erhebung
nur noch sieben von vierzehn Kindern, in einer anderen vier von sieben. Daß man
mit Schlußfolgerungen vorsichtig sein muß, zeigt das Beispiel eines Taglöhners und
eines Nachtwächters: Bei diesem lebten alle sieben, bei jenem sieben von acht Kindern
.

Geringe Mobilität

Die für die Verleihung des Mutterkreuzes vorgeschlagenen Frauen stammen aus
insgesamt fünfzig Orten (zum größten Teil in Süd Westdeutschland, drei kommen
aus der Schweiz), meist ländlichen Gemeinden; bei der Geburt dürfte im günstigsten
Fall eine Hebamme, oft wohl nur eine Nachbarin geholfen haben. Erst seit den
1950er Jahren wissen auch Frauen aus Dörfern die Vorzüge einer Entbindung in
der Klinik zu schätzen; die Verkehrsverhältnisse erlauben heute den schnellen und
sicheren Transport zur nächsten Stadt.

Nur wenige der ausgezeichneten Mütter wurden in Städten geboren (je eine Frau
in Emmendingen, Kenzingen, Freiburg, Lörrach, Kehl, Frankenthal, Pforzheim,
München und Zürich). Diese geringe Zahl könnte auf einen latenten Gegensatz zwischen
Land bzw. Dorf und Stadt hinweisen. „Man" freite im Ort oder in der näheren
Umgebung. Von 149 Frauen wurden 90 in Gemeinden geboren, die seit der Gebietsreform
zu Teningen gehören, davon 68 in Teningen selbst. Dreißig weitere
Frauen stammen aus Orten im Umkreis von höchstens einer Wegstunde (13 aus
Köndringen, je 6 aus Mundingen und Nimburg, 5 aus Bahlingen); nur wenige
Frauen kommen aus Orten, die von Teningen weiter als eine Tagereise (ewa dreißig
Kilometer) entfernt liegen. Es fällt auf, daß keine Mutter aus Heimbach kommt,
nur vier Kilometer entfernt und heute Ortsteil von Teningen. Dieses Fehlen weist
auf die Bedeutung konfessioneller Schranken hin:

Die Bevölkerung Teningens war überwiegend protestantisch, die Heimbachs fast
ausschließlich katholisch.21 Offensichtlich waren „Mischehen" verpönt; „man"
heiratete eben keine „Katholische"; man besuchte wohl auch nicht den Heimbacher
Jahrmarkt oder andere Feste, die immer auch Heiratsmärkte waren. Die starken
, vielen Menschen nicht bewußten konfessionellen Bindungen haben sich erst in
der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts gelockert: Mit dem Zuzug von Flüchtlingen
und Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg (allerdings war man vielerorts
bestrebt, eine etwaige konfessionelle Homogenität der Bevölkerung zu bewahren),
mit dem Erschlaffen der Bindungen an die Kirche, schließlich mit der ökumenischen
Bewegung, die sich — unter Rückbesinnung auf das gemeinsame Erbe — um
den Abbau trennender Schranken bemüht.

Frauen, die aus einem fremden Ort kommen, bringen häufig andere Gewohnheiten
mit (z. B. hinsichtlich der Art, die Nahrung zuzubereiten), gelegentlich auch
andere Wertvorstellungen — Anlaß zu fruchtbaren oder aufreibenden Auseinandersetzungen
. Die Teninger Mutterkreuzakten dokumentieren eine geringe Aufgeschlossenheit
dem Fremden gegenüber; es finden sich aber auch schon erste An-

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