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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
104.1985
Seite: 309
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1985/0311
schwemme kaum noch eine Grenze gesetzt. Drängten in den vergangenen Jahren mehr oder
weniger gehaltvolle Darstellungen auf den Markt, hat nun die Kommission für geschichtliche
Landeskunde in Baden-Württemberg ein aufschlußreiches Quellenwerk mit Aktenmaterial
über die Niederschlagung der Mairevolution 1849 und die badische Politik bis 1851 vorgelegt.

Der preußische Diplomat von Savigny (Sohn des berühmten Rechtsgelehrten) zog als Beauftragter
seiner Regierung mit Prinz Wilhelm von Preußen, dem Kartätschenprinzen, in Baden
ein. Die Instruktionen an ihn, seine Berichte und Denkschriften zeigen deutlich, daß der
Einmarsch in Baden nicht nur der Niederschlagung der Revolution diente, sondern den Preußen
zugleich die Gelegenheit bot, sich südlich des Mains festzusetzen und so ihren langgehegten
Vorstellungen eines Deutschen Reichs unter preußischer Vorherrschaft weitreichende Geltung
zu verschaffen. Auch ohne das Ersuchen des Großherzogs wären die preußischen Truppen
unter Berufung auf das Bundesrecht in Baden einmarschiert (S. 28). Von diesem Moment
an, da das Recht scheinbar und die militärische Macht eindeutig auf Preußens Seite stand,
wurden der Großherzog und die badische Regierung Marionetten in der Hand der „Befreier".

Die Preußen und allen voran der reaktionäre Savigny hielten die badischen Verantwortlichen
möglichst lang von den Geschäften im Land fern, um Weichenstellungen in ihrem Sinn
vornehmen zu können. Die von ihnen geforderten neuen badischen Minister — mit dem ehemaligen
preußischen Beamten Klüber an der Spitze — erhielten neben Savigny wenig Spielraum
. Gleichsam wie Herren im Land verfügten die Preußen über die Besetzung der Kriegsgerichte
zur Verurteilung der Aufständischen, sie setzten die Auflösung der badischen Armee
— und ihre Reorganisation in Preußen!— durch und festigten ihre Position als „Kolonialmacht
" im Land. Savigny bemerkte Ende Juni 1849: „Wenn ich mir gestatten darf, mein eigenes
Gefühl gehorsamst auszusprechen, so haben wir jetzt die ganze Verantwortung eines
Vormunds einem Mündel gegenüber im Verhältnis zu Baden." (S. 87)

Im Juli — Rastatt war noch nicht übergeben — beschrieb Savigny in einem Bericht an den
preußischen Ministerpräsidenten die Aufgabe, „ welche S. K. H der Prinz von Preußen in
Beziehung auf die Lösung der deutschen Sache im Sinne der für Preußen festzugründenden
Hegemonie im südwestlichen Deutschland gestellt worden ist. " (S. 108)

Die gewaltsame Lösung der deutschen Frage 1866 und 1870/71 zeichnete sich schon am
Horizont ab: „Preußen ist bei dem gegenwärtigen Zustande in ganz Europa einzig und allein
in die entscheidende Lage gedrängt, entweder kühn vorwärts zu gehen und sich mit der Hegemonie
von Deutschland den ersten Platz zu sichern oder über seine neuere Geschichte sinnend
zurückzutreten in das Verhältnis einer Macht zweiten Ranges." (S. 109)

Doch die preußische Politik in Baden ist gescheitert. Katholische Kreise im Land (Johann
P. v. Wessenberg, S. 419) die liberale Opposition in der IL Kammer (S. 647) und ein wiedererstarktes
Österreich zwangen Preußen, vorläufig von seinen Unionsplänen abzusehen.
Savigny reichte im Dezember 1850 seinen Abschied ein (S. 668), der aber nicht angenommen
wurde.

Das Aktenmaterial ermöglicht in bisher unbekannter Weise, das preußisch-badische Verhältnis
von 1849 bis 1851 genauer zu beleuchten. Als Quellen dienen zumeist interne Papiere,
die in erfreulicher Offenheit über Ziele und Motive insbesondere der preußischen Politik
Auskunft geben. Stimmungsberichte aus dem besetzten Land, Berichte über österreichische
Interessen an Baden und über die politische Entwicklung im Großherzogtum aus der Sicht
eines preußischen Diplomaten runden das Werk ab.

Die Quellen könnten etwas ausführlicher kommentiert sein. Auch vermißt man Querverweise
, wenn Savigny sich auf vorangegangene Aktenstücke bezieht. Der größte Mangel der
Quellenedition besteht leider in dem nur als unzulänglich zu bezeichnenden Sachregister, das
dem hervorragenden Material in keiner Weise gerecht wird. Das ausführliche Personenregister
ist kein genügender Ersatz. Doch sollte dadurch das Interesse an der Publikation nicht

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