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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1986/0220
schrift kann in etwa im ersten Teil als Rituale und im zweiten als Missale angesprochen
werden. Aus dem Inhalt ist deutlich zu ersehen, daß es sich um eine Art Direktorium
handelt, das die Liturgie der Reichskirche veranschaulicht.5 Dieses kaiserliche
Geschenk stellt mit seinen in Neumen notierten Gesängen das älteste Zeugnis und
den Anfang einer für Waldkirch seit einer Jahrtausend währenden Musiktradion dar.

Eine zweite liturgische Handschrift, ein Psalter aus der Zeit um 1200, ist für Waldkirch
musikgeschichtlich nicht von minderem Interesse. Ob dieser reich illuminierte
Band tatsächlich im Waldkircher Damenstift dem gottesdienstlichen Gebrauch diente,
ist nicht unbedingt nachweisbar, zumal über die Feier des Gottesdienstes in diesem
Benediktinerinnenkloster keinerlei Nachrichten erhalten sind. Uber das Kloster
Zweifalten kam die Handschrift in den Besitz der Württembergischen Landesbibliothek
in Stuttgart.6 Der musikalische Wert dieser immerhin ortsbezogenen Handschrift
liegt darin, daß sie schon verhältnismäßig früh Mensuralnotation aufweist, bei
der im Gegensatz zu den Neumen nicht nur die Tonhöhe notiert, sondern die Noten
in einem 4-Liniensystem auch präzise Pausenzeichen enthalten.

Neben der Vokalmusik tritt in Waldkirch auch die Instrumentalmusik schon früh
in Erscheinung. Recht bescheiden und ohne zu erwartende Kunstfertigkeit tritt um
1280 der Wächter auf, der auf seinem Horn der Bürgerschaft anzeigte, welche Stunde
es war oder sie warnte, wenn Gefahr drohte.7 Es reihte sich so Glied an Glied.
Auch im profanen Bereich mehrten sich, nicht zuletzt durch den Einfluß der jahrhundertealten
Kirchenmusik angeregt, das Verlangen, auch weltliche Feiern durch Musik
zu verschönen, wobei die Tanzmusik, wie leicht verständlich, keine untergeordnete
Rolle spielte. Die Musizierlust in der lebensfrohen Zeit des Barock ließ sich auch in
bitter bösen Jahren nicht unterdrücken, mitunter sehr zum Verdruß der hohen Obrigkeit
. Die schriftlichen Quellen fließen zunächst nur recht dünn, brechen aber schon
zu Anfang des 19. Jahrhunderts, als die Kirchenmusik längst ihre hohe Zeit überschritten
hatte, immer stärker hervor. Jetzt wird es möglich, auf gesicherte archiva-
lische Unterlagen zurückzugreifen. Sie ermöglichen fast nahtlos den Verlauf der Entwicklung
zu verfolgen. Gar oft drohten heftige Geburtswehen, keimendes Leben zu
ersticken. Glücklicherweise fehlte es nie an tatkräftigen und von den hohen Idealen
der Musik völlig durchdrungenden Männern, denen es immer wieder und von Fall
zu Fall gelang, allen Gewalten zum Trotz, das in Havarie geratene Schifflein wieder
seetüchtig zu machen.

Aufgabe dieser musikgeschichtlichen Darstellung wird es sein, in erster Linie die
musikalische Entwicklung der Musikpflege vorzustellen, wobei auf reine Vereinsgeschichte
nur dann zurückgegriffen wird, wenn dies zum besseren Verständnis erforderlich
erscheint. Es geht hier vor allem darum, die Fundamente aufzuzeigen, auf
denen das später stolze Gebäude der vielgestaltigen und rühmlichen Musikpflege erstellt
wurde. Neugründungen späterer Zeit, welche den gleichen Zielen dienten und
noch dienen, werden in der Darstellung nicht berücksichtigt, womit jedoch keineswegs
gesagt sein soll, daß auch diese, aus der Sicht unserer Tage gesehen, nach ihren
Möglichkeiten mitgeholfen haben der Stadt Waldkirch den Ruf zu sichern, den alle
ihre Bürger gerne hören, das Prädikat einer Musikstadt.

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