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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 94
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1988/0096
Da das frühere Gerichtssiegel Laub- und Nadelbaum nebeneinander zeigt, könnten
diese als ,Markenzeichen' für den ehemaligen Besitz zweier unterschiedlicher Waldgebiete
interpretiert werden. Der Laubbaum stünde dann für den typischen Waldbestand
in der Ebene, den Mooswald, die Tanne für den Wald in der Vorbergzone des
Schwarzwaldes. Schließlich wurde der Mooswald von Gundelfingen um 1550 noch
genutzt und die Erinnerung an die etwa ein Jahrhundert zuvor erfolglos gegen Freiburg
verteidigten dortigen Besitzansprüche waren sicher noch wach im Bewußtsein
der Bauern. Schließt man sich den Überlegungen von Habbe an, daß der gegen das
Wildtal gelegene Waldbesitz Gundelfingens im Laufe der Besiedelung des Schoppachtals
im Mittelalter immer weiter zurückgedrängt worden ist, so könnte im Baummotiv
nicht nur der Waldreichtum, sondern gerade dessen permanent angefochtener
Besitzanspruch seine unschriftliche Fixierung gefunden haben.21

Was im Rückblick auf das Mittelalter vage Spekulation bleiben muß, kann für die
Modifikationen des Siegels im Laufe der Neuzeit anhand aktenmäßig belegter Besitzgeschichte
plausibel erklärt werden.

Die wirtschaftlichen Beziehungen der Gemeinde Gundelfingen zur Stadt Freiburg
waren im 16. Jahrhundert immer häufiger von Zwischenfallen wegen des Mooswaldes
belastet und hörten, nicht zuletzt unter dem Einfluß der allgemeinen politischen Entwicklung
, Reformation und territorialstaatlicher Abgrenzung, endgültig auf, mit der
Konsequenz, daß der Obere Wald für die Gundelfinger Bauern an Bedeutung gewann.
Das Verschwinden des Laubbaumes ist sicherlich mit der Einführung des landesherrlichen
Hoheitszeichens in Verbindung zu bringen, aber es fallt zugleich zeitlich mit
dem Verlust jeglicher Nutzungsrechte im Mooswald zusammen. Es spricht einiges
dafür, daß mit der durch die beiden Baumarten symbolisierten geographischen Differenzierung
auch eine funktionale einhergegangen war: die Weide im ortsnahen Laubwald
, das Holz aus dem entlegeneren Schoppachtal.22 Beide Funktionen konzentrierten
sich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts auf ein Waldgebiet und ein Symbol.
Da die Tanne nicht zu den fruchtbaren' Bäumen gerechnet wurde, mußte diese neue,
zusätzliche Funktion des Oberen Waldes auch im reduzierten Dorfzeichen ihren Ausdruck
finden. Tatsächlich läßt ein gut erhaltenes Exemplar des seit 1574 gebräuchlichen
Siegeltyps beidseitig des Stammes zwei Striche erkennen, die mit dem stilisierten
Zaun des späteren Typs nichts gemein haben. Vielmehr könnte man zu der
Interpretation neigen, man habe damit einen für die Viehweide nutzbaren niederen
Bewuchs (Gebüsch, Stockausschlag oder Gras) darzustellen versucht. Das Motiv
wurde auch beibehalten, als Anfang des 17. Jahrhunderts ein neuer Siegelstempel angeschafft
wurde. Er unterscheidet sich vom vielleicht beschädigten Vorgänger lediglich
in einer geringfügig abweichenden Umschrift.

Die letzte Änderung des Motivs führte schließlich zu jener Darstellung, wie sie
dann bis zum heutigen Ortswappen unverändert geblieben ist. Das Siegel mit der umzäunten
Tanne war spätestens seit 1661 im Gebrauch, wahrscheinlich aber schon früher
, wenn man die durchschnittliche Lebensdauer seiner Vorläufer von ca. 30 Jahren
als grobe Regel gelten läßt. Der Zaun betont die Weidefunktion weitaus stärker als
das frühere Siegel. Allerdings handelt es sich auch hier, wie in den früheren Darstellungen
, um eine beinahe nostalgisch anmutende Reminiszenz an einen Zustand, der
von der Realität schon längst überholt worden war. Der seit 1591 aktenmäßig einiger-

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