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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 119
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Historiker war. Denn daß die Geschichte wie das Geschehen in der Natur nach imma-
nenten Gesetzen verlaufe, war seine feste Uberzeugung. Deshalb wohl auch interessierten
ihn die gerade in Österreich und Schlesien zu seiner Zeit noch bestehenden,
aus der Leibeigenschaft resultierenden konkreten Notstände als soziales, aber auch
als historisches Problem offenbar gar nicht. Auch die Beschreibung, die er etwa von
den bürgerlichen Verhältnissen des mittelalterlichen Troppau gibt, ist nicht das Ergebnis
historisch eindringender Erkenntnis, liest sich vielmehr wie der Text aus einer
Hauspostille: „Um ein treues Bild der sittlichen Zustände des 14. und 15. Jahrhunderts
zu erhalten, laßt uns den Bürger in seinem Haus und in seiner Werkstätte besuchen
. Da finden wir den Familienvater mit stillem Ernste die Arbeit seines Hauses
ordnen und durch sein Beispiel auch Andere zum Fleiße und zur Ordnung ermuntern.
Alles, Gesellen und Jungen, Knechte und Mägde, Weib und Kinder, selbst Freunde,
stehen unter seinem Haus-Zepter, den er mit Strenge führt, weil er für die Aufführung
Aller bürgen muß. Nach vollbrachtem Tagewerk besucht er seine bierberechtigten
Mitbürger oder empfängt als solcher selbst welche. Da unterhält man sich in den
mit grünen Zweigen verzierten Schenkstuben bei einem Krug braunen Märzen mit
traulichen Gesprächen, bis die Glocke vom Rathausturm um 22 Uhr das Gelage auseinanderruft
..." Und für den Bereich der Frau fährt er fort: „Die Frau lenkt mit
hausmütterlichem Anstand durch ihre mächtig wirkende Gegenwart und häuslich
ruhigen Fleiß das Hauswesen, führt ihre Töchter sorgsam in dasselbe ein, gewöhnt
sie an züchtige Anmuth, Frömmigkeit und häusliche Sparsamkeit. Die übrigen Stunden
lehrt sie in der traulichen Kammer beim Spinnrocken ihre Kleinen die täglichen
Gebete, die Gebote Gottes und der Kirche und fügt diesen noch den ererbten Vorrat
heilsamer Hausgrundsätze bei, welche vielleicht unsere neuen philosophischen Erziehungssysteme
an Wirkung übertreffen."23

Ganz gewiß war das Leben für die Bauern draußen auf dem Land und namentlich
für die gutsuntertänigen Häusler auf den Gütern mit ihrer Patrimonialgerichtsbarkeit
sehr viel weniger idyllisch. Sie hatten noch bis 1848 unter den Resten der Leibeigenschaft
zu leiden. Die Bauern waren noch robotpflichtig. Sie mußten teilweise an drei
Tagen in der Woche für ihre Herrschaft arbeiten, so auch noch der Vater von Gregor
Mendel.23a Ens hat, wie gesagt, an dem Notstand der Bauern in seinem Umkreis
keinen Anstoß genommen. Nach seiner Grundhaltung waren die sozialen Unterschiede
wie die Realitäten in der Natur gottgewollt. Seine religiös fundierte Einstellung
grenzte schon an Fatalismus. So schrieb er an seinen Freund und Gönner Wassenberg
in Konstanz, er tröste sich „mit dem Glauben, daß was ist, seyn muss."24

Knapp zehn Jahre nach dem Erscheinen des Werkes über das Oppaland ist der aus
der Nähe Troppaus stammende, auch aus dem Troppauer Gymnasium hervorgegangene
Medizinstudent Hans Kudlich wegen der bedrückten Lage der Bauern in Österreichisch
Schlesien auf die Barrikaden gestiegen und hat nicht geruht, bis der Reichstag
die Aufhebung dieser Robotdienste beschlossen hatte. Dafür wurde er, als die
Reaktion wieder die Oberhand gewann, zum Tod verurteilt; er konnte seinen Kopf
nur durch die Flucht nach Amerika retten. Hans Kudlich und Gregor Mendel waren
übrigens am Gymnasium in Troppau Klassenkameraden.25

Es ist überflüssig zu sagen, daß Ens mit den Privilegierten, den adligen Familien
in Schlesien, immer in bestem Einvernehmen stand. Als 1820 in Troppau der soge-

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