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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 198
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1988/0200
berne wurde elf Müttern (6 und 7, zusammen 69 Kinder), das bronzene 17 Müttern
(4 und 5, insgesamt 74 Kinder) verliehen. Von den Empfindungen der Geehrten ist
nicht die Rede; gerade waren Männer, Söhne und Enkel dieser Frauen zu Hunderten
ihren Lieben entrissen worden. Das phrasenhafte Pathos Hitlers aufgreifend, schreibt
der Bürgermeister: „Immer hat die deutsche Frau und Mutter das größte Opfer auf
sich genommen, wenn das Vaterland in Gefahr war, und ohne Jammern wird sie auch
diesmal den Männern draußen das Rückgrat stärken."

In der Parteichronik erinnert der Ortsgruppenleiter an Beklommenheit und überschäumende
Begeisterung Anfang 1933: Der Januar 1933 „war für uns Parteigenossen
trostlos"; zwar habe es am 29. Januar geheißen, daß in Berlin „etwas gehe"; aber
daran habe niemand mehr geglaubte, „oft wurde etwas erzählt, aber es waren nur
Enttäuschungen." Am 30. Januar, einem regnerischen, trüben Tag, sei er kurz vor
zwölf Uhr „im Geschäft" — W. Heß arbeitete als Walzer im Aluminiumwerk Tscheu-
lin — ans Telefon gerufen worden; der Kreisleiter habe ihm eröffnet, „daß unser Führer
eben zum Reichskanzler ernannt worden sei". Daran glauben konnte Heß erst, als
der Rundfunk abends die Meldung bestätigte. „Es ist also doch wahr, unser geliebter
Führer ist Reichskanzler geworden." Damit stand für ihn fest, daß die Nationalsozialisten
nicht mehr „rechtlos" seien und daß Tausenden ihrer Kameraden, „die in den
Gefängnissen schmachteten", nun die Freiheit winke. „Ich mußte mich in ein stilles
Eck setzen und im Geiste zog all das Leid und das Bittere des Erlebten an meinem
Auge vorüber, und dabei ließ ich meinen Tränen freien Lauf, denn die ließen sich
nicht mehr zurückhalten. Und wenn ein Nationalsozialist behaupten wollte, daß er
in dieser Stunde nicht weich geworden ist, so müßte ich ihm sagen, daß er kein richtiger
Nationalsozialist war."

Erinnerungen an die Zeit der Weltwirtschaftskrise beschwört der Bürgermeister
herauf; unter der Überschrift „Das Arbeitslosenproblem — Arbeitermangel" leitet er
auf die jüngsten „Ereignisse" über: Unlängst habe ihm eine Liste mit siebzig Arbeitslosen
aus dem Jahr 1934 vorgelegen. Im Rückblick könne man es kaum fassen, daß
in nur fünf Jahren ein solcher Wandel eingetreten sei. „Damals Not und Elend in vielen
Familien und der seelische Druck auf diesen Arbeitslosen — heute eine arbeitsame
Regsamkeit und ein großer Mangel an Arbeitskräften."5 Blicke er auf die Namen
, fühle er „tiefe Dankbarkeit für den Führer", der diesen Menschen das Leben
wieder lebenswert gemacht habe. „Wollen wir dies nie unserem herrlichen Führer
vergessen und ihm die Treue und unsere ganze Liebe, besonders in dieser schweren
Zeit, wo es um Sein oder Nichtsein unseres Volkes geht, erhalten, komme was kommen
mag." Die Themen „Sein oder Nichtsein" und „komme was kommen mag" wurden
seitdem variiert, landauf, landab, vom Bürgermeister wie von den (mehr oder
weniger) Großen in Partei und Staat.

In der Linie der seit 1933 betriebenen Autarkiepolitik6 steht der Aufruf zur
Sammlung von Eisen, der sich gleich anschließt: Kein Stückchen Eisen dürfe heute
ungenutzt umherliegen, alles müsse „auf den Altar des Vaterlandes" und zum
Schutze der Heimat bereitgehalten werden.

Trotz anderslautender propagandistischer Versicherungen in der Vorkriegszeit
rechnete die NS-Führung damit, daß in einem künftigen Krieg feindliche Flugzeuge
die Reichsgrenzen überfliegen und damit eine „Heimatfront" eröffnen würden; des-

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