Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 268
(PDF, 38 MB)
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Lamey prozessierte durch alle Instanzen, konnte damals in der Zeit nach der gescheiterten Revolution
die Freiburger Entscheidung aber nicht rückgängig machen.

1862 erfolgte als letzter Schritt der Judenemanzipation die gemeindebürgerliche Gleichstellung
der Juden, und im selben Jahr erhielt Näf, inzwischen zum Hofgerichtsadvokaten avanciert
, den Status des Bürgers.

Um Mißverständnisse auszuschließen, sei erwähnt, daß es eine Besonderheit des damaligen
Gemeinderechts war, zwischen Bürgern und Einwohnern zu unterscheiden. Den Bürgern war
das Wahlrecht vorbehalten, außerdem erhielten sie das sogenannte Gabholz als Nutzung des
Gemeindevermögens. Alteingesessene besaßen das angeborene Bürgerrecht, Zugezogene
konnte es erwerben, wenn sie Aufnahmegeld bezahlten und ein bestimmtes Vermögen nachzuweisen
in der Lage waren. Für Juden bestand letztere Möglichkeit aber erst nach 1862.

In den 1860er Jahren ließen sich in Freiburg etliche jüdische Familien nieder, die zumeist
aus umliegenden Landorten mit alten Judengemeinden kamen, zum Beispiel aus Breisach,
Sulzburg und Eichstetten. 1864/65 konnten sie sich mit Genehmigung des israelitischen Oberrates
in Baden und des Innenministeriums in Karlsruhe als religiöse Gemeinde konstituieren,
1870 eine Synagoge bauen und einen eigenen Friedhof (an der heutigen Elsässer Straße) anlegen
.

Die Historikerin Gabriele Blod untersuchte den hier kurz skizzierten Werdegang der israelitischen
Gemeinde in Freiburg. Sie stellt nicht nur die Ereignisse dar, sondern auch die Atmosphäre
, in der sich diese abspielten, ausführlich belegt, sicher im Urteil und gut formuliert.

• Wenn man sich auch über die Verwendung der Vokabel „ultramontane Reaktion" ohne Anführungszeichen
streiten könnte, hat die Verfasserin sicher richtig aus den Quellen herausgelesen
, daß die Protestanten in Freiburg das Entstehen einer jüdischen Gemeinde mit mehr Wohlwollen
begleiteten als die Katholiken. Letztere behandelt sie jedoch nicht pauschal, sondern
unterscheidet zwischen der Kirche, die dem Ansiedlungsprozeß kommentarlos zusah, und der
ultramontanen Partei. Renate Liessem-Breinlinger

Richard Albrecht, Der militante Sozialdemokrat. Carlo Mierendorff 1897—1943. Eine
Biografie (= Internationale Bibliothek Bd. 128). Verlag J. H. W. Dietz Nachf., Berlin/Bonn
1987. 464 S., zahlreiche Abb., brosch.

Im Wintersemester 1920/21 studierte Carlo Mierendorff in Freiburg Staats Wissenschaften.
Aber nicht nur deshalb ist seine Biographie wichtig, die Richard Alb recht unter großen Mühen
in beeindruckender Gründlichkeit rekonstruiert hat und über weite Teile spannend zu lesen
vorstellte. Mierendorff engagierte sich seit seiner Studentenzeit in Frankfurt, Freiburg und
Heidelberg gegen republikfeindliche Bestrebungen, gegen Antisemitismus und völkische Strömungen
. Dabei erkannte er sehr früh, daß die traditionellen Formen politischer Auseinandersetzung
— seit 1920 gehörte er der SPD an — dem Vorgehen rechtsradikaler Gruppierungen,
insbesondere dann der NSDAP, nicht gewachsen waren. Er setzte sich deshalb mit großem
Nachdruck dafür ein, die propagandistischen Möglichkeiten der SPD zu verbessern, um die
Massen wirkungsvoller ansprechen zu können. Namentlich hob er die Bedeutung der Symbole
für Bewußtsein und Verhalten hervor. Berühmt wurde das von ihm zusammen mit dem russischen
sozialdemokratischen Emigranten Tschachotin entworfene Symbol der „Drei Pfeile",
das dann die Eiserne Front zum Zeichen wählte. Es sollte vor allem auf das Hakenkreuz der
Nazis, aber auch auf Hammer und Sichel der Kommunisten offensiv antworten, darüber hinaus
Aktivität, Einigkeit und Disziplin versinnbildlichen. Dem „Heil Hitler" und „Rot Front"
stellte er den Gruß „Freiheit" gegenüber. In den heftigen Auseinandersetzungen während der
Endphase der Weimarer Republik spielten diese Symbole überall in Deutschland eine nicht
zu unterschätzende Rolle. Mierendorffs kämpferisches Konzept — wie es sich auch in seinen

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