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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
108.1989
Seite: 214
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Abläufen aufgeklärt. Die Ambivalenz dieses Fortschritts ist unser Problem. Kußmaul
sieht die Aufgaben der Medizin ganz richtig eingebettet in die geistige Entwicklung
der Menschheit sowie in die sozialen Einrichtungen der Gesellschaft. Solche Einsichten
haben wir auf weite Strecken hin verloren und müssen sie erst wieder lernen. Er
kann vom Paradies und goldenen Früchten des Lebens am Baum der Erkenntnis sprechen
. Wir müssen heute fürchten, daß durch die Früchte der Erkenntnis unsere Welt
zugrunde gehen kann, es sei denn, wir würden den Zusammenhang von Erkenntnis
und Weltveränderung reflektieren und erkennen, worin der Begriff der Erkenntnis
(von Kußmaul bis heute) selbst verändert werden müßte. Das ist einer der Aspekte
der Krise der Wissenschaft heute.49

1867 68

In diesen beiden Jahren beschäftigt sich Kußmaul intensiv mit Krankheiten des Magens
; er hält darüber Vorträge in Frankfurt und Freiburg und veröffentlicht im „Archiv
" diejenige Arbeit, aus der einzelne Aspekte unten besprochen werden und von
der für Jahrzehnte Impulse für die gesamte Erforschung von Magenkrankheiten ausgegangen
sind, u.a. wird darin die Einführung der Magenpumpe in die Therapie besprochen
und die Spiegelung der Speiseröhre für die Diagnostik erwähnt.50

a) Die Einführung der Magenpumpe in die Therapie

„Zu den qualvollsten Leiden des Menschen" beginnt die Arbeit, „gehört unstreitig
die weitgediehene Erweiterung des Magens in jener Form zumal, die aus Verengerung
und Verschluß des Pförtners hervorgeht . . . Die Idee zur Anwendung der Magenpumpe
bei Magenerweiterung kam mir im Frühjahr 1867 gelegentlich einer Beobachtung
, die ich hier zunächst in allen Einzelheiten mitteilen kann, da sie der
Ausgangspunkt für meine weiteren Versuche geworden ist und des Interessanten viel
darbietet . . . Marie Weiner, Bauernmädchen aus Heimbach, litt seit dem
11. Lebensjahr am Magen. Sie wurde nach dem Essen öfters von heftigen Schmerzen
in der Magengegend befallen und erbrach saure Massen . . . Die Gemeinde ließ die
für verloren gehaltene Kranke am 15. April 1867 zur Aufnahme in das Akademische
Hospital hierher verbringen. Da unser Hospital gerade sehr angefüllt war, und auch
ich die arg heruntergekommene Person nach meinen bisher in soweit gediehenen Fällen
und gewonnenen Erfahrungen für unrettbar hielt, so wies ich die Aufnahme von
der Hand und ließ mich erst durch wiederholte dringende Bitten der Kranken dazu
bewegen . . . Die Kranke erbrach täglich mindestens einmal, oft auch mehrmals
saure, graubraune Massen mit Sarcine, 3—4 Schoppen unter großer Anstrengung.
Schon öfter, wenn ich Patienten in diesem elenden Zustande des Prodromalstadiums
vor dem Erbrechen gesehen hatte, war mir der Gedanke gekommen, sie durch Anwendung
der Magenpumpe zu erleichtern." Dabei sollte der Magen verkleinert und
dadurch die Verengung des Pförtners beseitigt werden. Außerdem war mit der Sonde
eine wirksame lokale Behandlung der kranken Magenschleimhaut möglich — „Die
Einführung der Magensonde, das Auspumpen und Auswaschen mit Vichy-Wasser
ging wider Erwarten leicht vonstatten. Wir entleerten etwa 6 Schoppen (3 litres)
saure, schmutzig-graue Sarcine mit allerlei in Erweichung und Zersetzung begriffenen
Nahrungspartikeln, worauf die Kranke sich einige Tage ungemein erleichtert

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