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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1990/0084
Eisenblattes einen Nagel vom Kreuz Christi einschließen lassen. Zumal die Herzenswunde
Christi im 12, Jahrhundert immer mehr in den Mittelpunkt leidenschaftlicher
Passionsfrömmigkeit rückte, gewann die Heilige Lanze im Mittelalter entsprechend
noch größere Verehrung und Bedeutung.

Historisch ist die Legende um die Heilige Lanze nicht haltbar. Deren Echtheit ist
von den Päpsten auch nie bestätigt worden.11 Waffenhistoriker datieren die Heilige
Lanze des Reichsschatzes etwa in das 6.77, Jahrhundert. Vielleicht fiel sie Karl d. Gr.
in die Hand, als er 774 die Langobarden besiegte. Sie galt als Zeugnis für die rechtmäßige
Nachfolge des Kaisers Konstantin. Mit Norditalien im Besitz wurde die Heilige
Lanze Bestandteil des Kronschatzes und als „sacra lancea imperialis" bezeichnet.
Bei der Teilung des Karolingerreichs fiel sie an die Langobarden zurück.12

Mauritius, die Sachsenkaiser und Magdeburg

Als Heinrich L (919—936) im Osten des karolingischen Imperiums ein neues Herrschaftssystem
aufbaute, versuchte er, zur historischen Legitimierung an die karolingi-
sche Tradition anzuknüpfen. Deshalb übte er auf Rudolf von Burgund Druck aus, der
ihm spätestens 935 die Heilige Lanze als erzwungenes Geschenk übersandte. Heinrichs
Sohn Otto, schon als Mitregent und Nachfolger, hatte Magdeburg seiner ersten
Frau Edith als Morgengabe vermacht und zum Ausgangspunkt für die Eroberung und
Missionierung slawischer Gebiete bestimmt. Otto d. Gr. gründete 937 ein Benediktinerkloster
als Vorstufe eines Bischofssitzes. Dem heiligen Mauritius fiel bei diesen
Bemühungen als Patron eine wichtige Rolle zu. Es gelang jedoch erst 960, aus Niederaltaich
Mauritiusreliquien zu gewinnen, die in einer feierlichen Zeremonie nach
Magdeburg übertragen wurden. Schon fünf Jahre zuvor war eine prächtige Kirche
entstanden. Otto d. Gr. wurde 962 vom Papst zum Kaiser und damit zum Nachfolger
Karls d. Gr. und zum Schutzherr der Christenheit gekrönt. Als er durch die zweite
Heirat mit Adelheid von Burgund auch noch die langobardische Königswürde hinzugewann
, setzte er in seiner Machtfülle den heiligen Mauritius nicht nur zum Hauptpatron
Magdeburgs, sondern auch zum Schutzpatron für sich und das gesamte neue
Reich ein. 967 räumte der Papst auf der Synode von Ravenna das Recht ein, in Magdeburg
ein Erzbistum zu errichten. In der Gestalt des HL Mauritius versinnbildlichte
sich geradezu der Herrschaftsanspruch und die Einflußsphäre der Magdeburger Erz-
bischöfe, wie viele Darstellungen erkennen lassen. Am Mauritiusaltar des Magdeburger
Doms durften nur Kardinalpriester und Bischöfe zelebrieren. Das Mauritiusfest,
zum erstenmal in Anwesenheit Ottos d. Gr. prunkvoll gefeiert, wurde zu einer festen
bedeutenden Veranstaltung. Heinrich IL, der letzte Sachsenkaiser, zeigte sich als besonderer
Mauritiusverehrer. Er bat den Heiligen vor den Feldzügen um seinen Beistand
und sorgte für die Verbreitung der Mauritiuspatrozinien. Aus dem Magdeburger
Heiltumskult (auch um die angebliche Hirnschale des Mauritius) entwickelte sich
im Lauf der Jahrhunderte die Magdeburger Mauritiusfestwallfahrt, die — einer Wallfahrt
nach Rom gleich — Befreiung von allen Sündenstrafen gewähren sollte.13

Die beiden ersten Sachsenherrscher betrachteten die aus Burgund übernommene
Heilige Lanze als mit dem Mauritiuskult eng verbundenes Herrschaftszeichen. Otto III.
ließ die Lanze sogar seinem Krönungszug vorantragen. Um seinen schwierigen Nach-

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