Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1990/0138
Vor allem im deutschen Südwesten wurde der Aufstand für die oppositionellen Liberalen
geradezu zum Leitmotiv ihrer politischen Arbeit. Aus ihrer Sicht konnte die
durch den polnischen Aufstand bedingte zeitweise außenpolitische Lähmung Rußlands
dem durch das Ausscheren Frankreichs bereits geschwächten Restaurations-
System den entscheidenden Schlag versetzen, der Vorherrschaft Preußens und Österreichs
innerhalb des Deutschen Bundes ein Ende bereiten und somit die konstitutionelle
Entwicklung vorantreiben helfen. Im Großherzogtum Baden erwies sich die
innenpolitische Situation als ausgesprochen günstig. Schon vor der Julirevolution
hatte sich mit der Thronbesteigung des als gemäßigt liberal geltenden Großherzogs
Leopold eine neue Ära der Reformen angekündigt, und die liberale Opposition unter
Führung Karl v. Rottecks und Karl Theodor Welckers konnte nun mit dem revolutionären
Wind aus Frankreich im Rücken um so eindringlicher die Verwirklichung verfassungsmäßig
garantierter Rechte und weitere Reformen fordern. Allerdings lieferte
nicht die Julirevolution, sondern der Aufstand im fernen Polen die entscheidenden
Impulse für das Entstehen einer politischen Öffentlichkeit, die wiederum die Polenfreundschaft
mit einem konkreten Eigeninteresse zu verbinden wußte. Eine weitere
wichtige Voraussetzung für das Entstehen der Polenfreundschaft war die verhältnismäßig
lange Dauer des Aufstandes, der neun Monate reichlich Stoff für Zeitungsartikel
und Kaffeehausgespräche bot. Was man 1831 aus der Ferne bestaunen konnte, ließ
sich dann 1832 hautnah miterleben, als nahezu 40 000 polnische Aufstandsteilnehmer
ihren Weg ins französische Exil über die deutschen Staaten nahmen. Dieser Durchzug
der Polen markiert dann auch den Höhepunkt der deutschen Polenfreundschaft.

Wie äußert sich die Polenfreundschaft im Großherzogtum Baden? Wer hat sich
wann, wie und warum für Polen engagiert? Das Quellenmaterial zur badischen
Polenfreundschaft ist außerordentlich vielfaltig. Vor allem die mitteilsame „Freiburger
Zeitung" (FZ) ermöglicht eine genaue Rekonstruktion der Vorgänge. Entsprechende
Artikel der „Karlsruher Zeitung" und der „Konstanzer Zeitung" ergänzen das
Bild. Auskunft über die politischen Motive liefert das ab Dezember 1830 außerhalb
des deutschen Zensurbereichs in Straßburg erscheinende „Konstitutionelle Deutschland
", die am meisten gelesene Zeitung in Baden, wobei ohnehin viele Artikel von
der rechten Rheinseite stammten.2 Darüber hinaus bestätigen unzählige Behördenberichte
über die polnischen Emigranten und ihre Aufnahme in Baden nicht nur den
besonderen Charakter der badischen Polenfreundschaft, sondern spiegeln auch das
ambivalente Verhältnis des offiziellen Baden zur Polenfreundschaft wider. Ein sehr
persönliches Bild der Ereignisse ergibt sich aus dem Briefwechsel polnischer Emigranten
mit Karl v. Rotteck und den Tagebuchaufzeichnungen bzw. Memoiren von
Freiburger Polenfreunden.3

Allgemein wird die deutsche Polenfreundschaft in zwei Phasen unterteilt. Die erste
Phase umfaßt die Zeit der Aufstandskämpfe von Ende November 1830 bis Anfang
September 1831. Innerhalb dieses Zeitraums äußert sich die Polenfreundschaft vor
allem in Form von karitativer Hilfeleistung. In Freiburg entsteht, wie in zahlreichen
anderen deutschen Städten, am 30. Juli 1831 ein „Hilfsverein für die Kranken und
Verwundeten in den polnischen Spitälern". Andere als humanitäre Beweggründe lassen
sich in der Gründungsanzeige4 (Abb. 1) nur schwer ausmachen, man scheint bemüht
, den Anschein eines allzu einseitigen pro-polnischen Engagements zu vermei-

136


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1990/0138