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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1990/0198
mentarische der Auswahl in ihrer eigentlichen Unabgeschlossenheit unangenehm fühlbar,
Wenn Helmut Bender in seinem Nachwort die Ausgabe als Einstieg in Hansjakobs Werk verteidigt
, möchte ich dem für die letzten beiden Abschnitte jedenfalls nicht zustimmen.

Der wie die anderen bisher angezeigten Bände ebenfalls wieder sehr schön bibliophil in
Waldkirch hergestellte Band „Aus dem Leben eines treuen Hausgenossen" bringt allerdings
kein Ruhmesblatt für die Hansjakobsche Denk» und Argumentationsfahigkeit unter das Publikum
von 1990. „Die erste Hälfte des Buches ist idyllischen Charakters, der zweite Teil dagegen
durchaus der Polemik gewidmet" zitiert H.Bender im Nachwort (S. 193) Johann Karl
Kempf von 1922,

Der erste Teil behandelt in einer eher dünnen Jean-Paulschen Allegorese in Form eines Gesprächs
zwischen Hansjakob und seinem Sparherd, eben dem Hausgenossen, der, weil das
Wibervolk ihn weghaben will, schon deshalb glorioser Teil einer schöneren Vergangenheit ist,
des Pfarrers Lebensgeschichte auf den Stationen Donaueschingen, Waldshut, Rastatt, Hagnau
und Freiburg. „Wenn nach einem bekannten Wort alle Kultur und Bildung vom Magen ausgeht
, der Magen aber gänzlich von dem abhängt, was der Kochherd ihm zubereitet, so hängt
schließlich alle Bildung vom Kochherd ab" (S. 17), mag man freilich als bizarr bezeichnen,
feine Ironie und poetische Intensität möchte man so etwas aber kaum nennen.

Im zweiten Teil, der „Polemik" also, etwa S. 97—187, dominiert das Thema Wibervolk, aber
nicht in der dialektischen Spannung, wie wir es sonst kennen, sondern in der Form einseitigen
und kritiklosen Ausschreibens von Nietzsche und Scherr z. B., die Versatzstücke aller möglichen
Antifrauen-Themen liefern.

Wohlgemerkt: nicht daß Hansjakob in seiner frauenskeptischen Grundhaltung zu Formulierungen
findet, wie sie heute kaum noch jemand wagen würde, ist zu kritisieren, sondern nur
die undifferenzierte, argumentationslose Raunzerei als Ersatz beweglichen Denkens. Nicht das
Thema, aber die Themenbehandlung werfen ein eher trübes Licht auf das Werk, das zuerst
1909 erschien. Warum denn also die Neuausgabe? Helmut Bender verteidigt sie als „das markanteste
, wenn nicht bizarrste Zeugnis des berühmt-berüchtigten .Wibervolk1 und Anti-Emanzipationsdenkens
unseres Volksschriftstellers" und mit der Qualität des endlich erreichten
„Altersstils" (S. 190 f). Mir scheint es ein Zeugnis nicht nur des Altersstils, sondern auch des
Altersstarrsinns.

„Hamjakob und seine Zeit" umfaßt 28 kleinere Aufsätze zu Hansjakob-Themen überwiegend
von Helmut Bender, zwei von Hermann Rambach/Waldkirch und von Heinrich Lehrmann
, Franz Nadler, Waltraut Remusch, dazu ein Reprint (in anderem Layout als das andere)
von Bender zu Hansjakob und dem Elztal (S. 117—139), Die Aufsätze gliedern sich in eine Abteilung
zu Einzelthemen aus Werken und Lebensstationen, z. B, seinem Ausscheiden aus dem
badischen Staatsdienst (S, 15—19) oder zum Vogt auf Mühlstein (S, 19—26), in eine Abteilung
zu Hansjakob und Personen seiner Zeit (Pfister, Alban Stolz, Hans Thoma z.B.) und eine
letzte zur Literaturgeschichte und zur Hansjakob-Gesellschaft. Sie alle tragen Mosaiksteine
zum Bild des Schriftstellerpfarrers zusammen, ersetzen aber natürlich keine thematisch geschlossene
Monografie zu Hansjakob und seiner Zeit und wollen das auch gar nicht. Diese
bleibt für unsere Zeit und ihre Rezeption des so „altertümlichen" wie „modernen" Schriftstellers
erst noch zu schreiben. Mit H. Bender können wir uns tatsächlich wundern, daß der Pfarrer
in der deutschen Literaturgeschichtsschreibung nahezu eine Unperson ist, was er nicht verdient
. Von besonderer stilistischer Frische, das sei doch angemerkt, ist der Aufsatz vom
Elztal!

Der Freund des streitbaren liberalen Pfarrers wird gern zu so einem Bändchen greifen und
im übrigen bleibt uns abzuwarten, was die rührigen Vertreter einer kleinen Renaissance des
alemannischen „Querdenkers" und Frauenskeptikers aus „Hasle" noch auf den Markt bringen
werden! Karl-Bernhard Knappe

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