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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
110.1991
Seite: 69
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1991/0071
Für die Bedeutung, die dem Besitz einer eigenen Glocke von den Bürgergemeinden
zugemessen wurde, spricht eine weitere Urkunde des gleichen französischen Herrschers
von 1179, in der bei Differenzen mit den Bürgern von Hesdin (Pas de Calais)
diesen die Glocke entzogen und an die Stadt Aire sur la Lys (Pas de Calais) gegeben
wurde.282 So dürfte das zutreffen, was J. Lestocquoy vor schon über 40 Jahren festgestellt
hat: „La cloche est le symbole meme de la commune. Bien plus que le bef-
froi, monument devenu indispensable pour les contenir, les cloches sont le monument
indispensable de la vie communale".283 Den werdenden Stadtgemeinden war es, wie
das zitierte Privileg König Philipp Augusts für Tournai zeigt, überlassen, den ihnen
zugestandenen Glockengebrauch dort vorzunehmen, wo es ihnen notwendig erschien
. Dabei kann es sich anfangs durchaus nur um einfache hölzerne Glockenstühle
gehandelt haben. Ferner liegen schriftliche Nachrichten vor, die ursprünglich aus
Holz erbaute städtische Glockentürme erkennbar werden lassen.284 Auch zog man
bereits vorhandene Türme für die Aufhängung von weltlichen Glocken heran, so zum
Beispiel in Boulogne sur Mer den 1231 von der Stadt angekauften ehemaligen Burgturm
der Stadtherren.285 Bereits früher errichtete Stadttore konnten für diesen
Zweck ebenfalls verwendet werden, wenn sie etwa durch Stadterweiterungen ihre
bisherige Aufgabe weitgehend verloren hatten und somit zugleich mehr in das Zentrum
des betreffenden Ortes gerückt waren.286 Schließlich wurden die Beffrois, wie
sie nun genannt wurden, aus Steinen errichtet und traten als weitgehend isoliert für
sich stehende Stadttürme an zentraler Stelle zumeist in engere Verbindung mit den
Gerichten und den sich daraus entwickelnden Stadtverwaltungen. Deshalb wurden
sie häufig so ausgestaltet, daß nun Gerichte und Stadtverwaltung in ihnen selbst ihren
Platz einnehmen konnten.287 Es entstand also mit der Ausweitung der nunmehr sich
bildenden „Behörden" oft eine Einheit aus Stadtturm und Rathaus oder, wo der Rat
in den immer stattlicher werdenden Kaufhallen Platz gefunden hatte, eine Einheit aus
Beffroi und Kauf hallenbau.

Wie wichtig den Bürgergemeinden der Besitz eigener Glocken war, ergibt sich daraus
, daß man sie in manchen französischen Städten auf dem Siegel abbildete (Abb.
14, 15).288 Bei der Vielzahl von Toren, Türmen und Befestigungsanlagen, die in
Frankreich und anderswo auf Stadtsiegeln abgebildet wurden, läßt es sich freilich
nicht immer mit Sicherheit sagen, ob damit Beffrois gemeint sein könnten.289 Es
gibt jedoch weitere französische Stadtsiegel, auf denen das dargestellte Gebäude
durch eine entsprechende Umschrift ausdrücklich als Beffroi der betreffenden Stadt
gekennzeichnet wird (Abb, 16).290 Mit der wachsenden Zahl von verschiedenartigen
Aufgaben, die den zentralen Stadttürmen im Laufe der Zeit zuwuchsen, wurde es
erforderlich, die Glocken in verschiedener Weise zu gebrauchen, etwa Läuten in bestimmten
kürzeren Abständen (Pulsen), Sturmläuten, Anschlagen usw.291 Auch wurden
häufig zwei oder mehr Glocken verwendet, die sich im Klang von den Kirchenglocken
unterschieden.292 In seiner singulären Beschreibung der Stadt Pavia aus der
ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts hat Opicinus de Canistris die unterschiedlichen
Glockensignale aufgeführt, die für die verschiedenen Zwecke von der dortigen Torre
del comune gegeben wurden.293

Wir müssen uns mit diesen kurzen Andeutungen zur allgemeinen Entwicklung zentraler
Stadttürme in Frankreich, den Niederlanden und Italien begnügen. Wichtig für

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