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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
110.1991
Seite: 93
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1991/0095
auf vielen städtischen Siegeln dieser Zeit in Frankreich — das städtische Schöffengericht
dargestellt ist (Abb. 32).426 Auf dem genannten Siegel hat dieses Gericht seinen
Platz zu Viert auf einer Estrade, die von drei Säulchen getragen wird. Als in
Deutschland im ausgehenden 12. und beginnenden 13. Jahrhundert die ersten Gerichts
- und Rathäuser erbaut wurden, verband man auch hier mit diesen gerne Balkons
oder erhöhte Gerichtsplätze. Wohl das älteste bekannte Gebäude für solche
Zwecke, vielleicht noch aus dem 12. Jahrhundert, hat sich in Gelnhausen erhalten
(Abb. 33).427 Dieses ist heute zwar stark restauriert. Es wies aber, wie eine alte Tür
im ersten Obergeschoß erkennen läßt, bereits einen erhöhten Gerichtsbalkon auf, zu
dem man über eine frei davor liegende Treppe hinaufgelangen konnte. Ähnlich waren
wohl die Dinge bei dem leider abgebrochenen ältesten Rathaus der Stadt Dortmund
aus dem 12. Jahrhundert.427a Hier saß das Gericht auf einem über Stufen zu erreichenden
erhöhten Platz, der von einem auf Pfeilern ruhenden Vorbau überdacht war.
Nicht anders war es offensichtlich in Münster i. W., wenn dieses Rathaus auch erst
aus gotischer Zeit stammt.428 Schließlich sei in dieser Hinsicht auf den bereits gestreiften
Würzburger Grafeneckartturm nochmals hingewiesen, der als Amtssitz des
Stadtgrafen erbaut worden war und im ersten Obergeschoß offenbar ebenfalls eine
reichverzierte romanische Tür aufgewiesen haben dürfte (Abb. 34).429 Wie darunter
befindliche Säulchen beweisen dürften, befand sich vor der Tür des Obergeschosses
ein Vorbau, auf dem vermutlich das Grafengericht tagen konnte. Aus dem Südwesten
mag als Parallele das Gericht vor der Burg Rötteln unweit Lörrach nochmals genannt
werden, wo das Burggericht 1414 außerhalb der eigentlichen Burg tagte: in solario
prope turrim.430

Nach dieser kurzen, aber notwendigen Abschweifung können wir uns dem Brei-
sacher Radbrunnenturm wieder direkt zuwenden. Dazu ist daran zu erinnern, daß die
ursprünglich im Angesicht Gottes und daher unter freiem Himmel tagenden Gerichte
seit karolingischer Zeit wegen der Witterung an vielen Orten unter einem Schutzdach
zusammenkamen. Solche Bauwerke wurden als Laube oder Richtlaube bezeichnet
.431 Ein Nachtrag zu der Straßburger Chronik Twinger von Königshofens erklärt
sie daher als locus, ubi cives consultunt.432 Wie wir an anderer Stelle zeigen konnten
, sind solche Gerichtslauben vor allem in Südwestdeutschland häufig anzutreffen.
Sie waren schon in den sich langsam zu Städten entwickelnden Orten möglichst an
zentraler Stelle zu finden. In den planmäßig angelegten Städten wurden sie offenbar
an dem entsprechenden Platz von vornherein eingeplant. Wie schon früher in Freiburg
, war vermutlich in der geplanten Marktsiedlung auf dem Breisachberg die Errichtung
einer zentral gelegenen Richtlaube von Anfang an vorgesehen.433 Schwer
zu entscheiden ist es, ob diese Richtlaube mit dem Zentralen Brunnen im engeren
Zusammenhang gestanden hat.434 Gleiches gilt für den Zusammenhang mit dem
Radbrunnenturm, dessen Bestehen in der Mitte des 13. Jahrhunderts wahrscheinlich
gemacht werden konnte.435

Offenbar haben wir es in der bereits früher gestreiften Loggia des Turmes links
von der Madonna auf dem zweiten Breisacher Stadtsiegel mit dieser dem Radbrunnenturm
angebauten älteren Gerichtslaube zu tun.436 Die von uns kurz erwähnte,
ihm angefügte Treppe, widerspricht nämlich jeglichen fortifikatorischen Aufgaben.
Die Art der Anlage dieses Anbaus spricht vielmehr dafür, daß es sich nicht um ein

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