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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
110.1991
Seite: 226
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1991/0228
11. September 1934 hatten die Deutschen Christen beantragt, drei Vertreter zur Einführung
Müllers zu entsenden und dafür 400 Reichsmark aus der Gemeindekasse zur
Verfügung zu stellen. Die Sache war schon beschlossen, da erschien „Herr Stadtpfarrer
Weber und wies darauf hin, daß die Einführung des Reichsbischofs eine Angelegenheit
der Deutschen Christen sei, zu welcher der Kirchengemeinderat schon deshalb
keine offiziellen Vertreter entsenden könne, weil in dem kirchlichen
Verordnungsblatt noch keinerlei Mitteilung über die Einführung des Reichsbischofs
geschweige denn eine Einladung ergangen sei".47 An dieser kleinen Episode zeigt
sich, wie geschickt Weber argumentierte. Obwohl er die Kirchenleitung nur noch bedingt
anerkannte, berief er sich in diesem Fall auf das Verordnungsblatt. Indirekt warf
er den Deutschen Christen damit vor, die kirchliche Ordnung eigenmächtig verlassen
zu haben. Dieses Vorgehen ist insofern für den gesamten Kirchenkampf charakteristisch
, als sich beide Seiten immer wieder auf Verordnungen, Gesetze und Rechtsvorschriften
beriefen, sofern es ihnen gerade nützlich erschien. Der Gegenseite wurde
dabei immer der Vorwurf gemacht, die bestehende Ordnung und den Frieden zu gefährden
, indem sie den Boden geltenden Rechts verließen.

Durch die Einwände von Pfarrer Weber sah sich der Rechnungsausschuß dazu gezwungen
, eine Entscheidung des Kirchengemeinderates herbeizuführen. Offensichtlich
war die Zeit zu kurz, um noch eine ordentliche Sitzung zustande zw bringen, und
so wurden die einzelnen Kirchengemeinderäte schriftlich befragt. Es ergab sich eine
Mehrheit für die Entsendung offizieller Delegierter nach Berlin, wo Ludwig Müller
am 23. September 1934 im Berliner Dom unter Assistenz von Reichsvikar Engelke
und dem badischen Landesbischof Kühlewein das Amtsgelöbnis als Reichsbischof
ablegte.48

Diese Abstimmung hatte noch ein Nachspiel, denn Erik Wolf legte unter Protest
sein Amt als Kirchenältester nieder. In seinem Rücktrittsschreiben erklärte er es als
unvereinbar mit seiner „kirchlichen und weltlichen Uberzeugung", daß ohne vorherige
Aussprache schriftlich abgestimmt worden war. Es habe, so fügte er hinzu, die
kirchliche Entwicklung inzwischen eine Richtung eingeschlagen, die es ihm im Moment
verbieten würde, an der Verwaltung weiter mitzuwirken; im Kirchengemeinderat
gingen die Ansichten so weit auseinander, daß ein „wahrhaft ersprießliches Zusammenarbeiten
sachlich" nicht möglich sei.49

Dieser Vorgang ist nur ein Beispiel dafür, wie die kirchlichen Gremien zunehmend
arbeitsunfähig wurden. Die Bekenntnisleute zogen sich aus ihnen zurück und begannen
, eigene Formen kirchlicher Arbeit zu entwickeln.

Aktivitäten der Bekennenden Kirche

Im Spätherbst 1934 und während des ganzen Jahres 1935 engagierte sich die Bekenntnisfront
in verschiedenen Veranstaltungen mit öffentlichen Vorträgen, theologischen
Arbeitsgemeinschaften und Bekenntnisgottesdiensten. In den Bekenntnisgottesdiensten
folgten auf die Eingangsliturgie und die Predigt stets ein Laienwort und ein anschließender
Bericht zur kirchlichen Lage. An diesen Laienworten beteiligten sich
häufig Gerhard Ritter und Erik Wolf.50 Jeder anwesende Theologe las ein Bibelwort
, das er für den jeweiligen Tag und die bestimmte Situation ausgewählt hatte. Das

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