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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
110.1991
Seite: 233
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1991/0235
Offensichtlich war Kirchenrat Schäfer zu diesem Zeitpunkt schon längst des unangenehmen
Streites überdrüssig. Mehrmals hatte er im Jahr 1935 zu verstehen gegeben
, daß er sein unbequemes Amt als Vorsitzender des Kirchengemeinderates gerne
abgeben würde. Obwohl er sehr auf Ausgleich bedacht war, beschuldigten ihn die
Deutschen Christen er würde auf Sonderwünsche der „sogenannten Bekenntnisgemeindevertreter
" Rücksicht nehmen, obwohl in Wirklichkeit gerade diese die Arbeit
des Kirchengemeinderates mit ihrer Drohung sabotieren würden, nicht mehr an den
Sitzungen teilzunehmen.70 Vor dem Hintergrund, daß in Freiburg die Sonderverwaltung
angeordnet werden könnte, suchten die Deutschen Christen allen Anschein zu
vermeiden, daß der Kirchengemeinderat arbeitsunfähig sei. Schließlich wollten sie
ihre Mehrheitsmacht nicht an den unliebsamen Kirchenrat Schäfer verlieren, welcher
der Bekennenden Kirche durchaus wohlgesonnen war.

Ungeschickterweise setzten sie jedoch ihren kirchenpolitischen Kampf mit unverminderter
Schärfe fort und gaben somit den Bekenntnisleuten die Möglichkeit, mit
guten Gründen die Zusammenarbeit im Kirchengemeinderat aufzukündigen. Der
Tropfen, der das Faß zum Uberlaufen brachte, war ein Flugblatt, das bei der Kundgebung
der Deutschen Christen am 28. Juni 1935 verteilt wurde. Darin hieß es unter
anderem:71 „Dann trete ein in die Reihen der Deutschen Christen und versage uns
deine Hilfe nicht in unserem Kampf gegen kirchliche Opposition und Rebellion, die
eines Tages auch dem Werk des Führers gefährlich werden könnte . . " Kirchenrat
Schäfer alarmierte den Evangelischen Oberkirchenrat; die Verhältnisse „für die
kirchliche Vertretung in Freiburg" seien so „zugespitzt wie noch nie".72

In einem Schreiben vom 15, Oktober 1935 ordnete schließlich der Oberkirchenrat
die Sonderverwaltung für Freiburg an, weil die Deutschen Christen von ihrer absoluten
Mehrheit im Kirchengemeinderat und im Kirchengemeindeausschuß „rücksichtslosen
Gebrauch" gemacht hätten. Es könne darüberhinaus einer kirchlichen Gruppe
nicht zugemutet werden, mit anderen zusammenzuarbeiten, die sie als Landesverräter
beschuldigt hätten,73 In den folgenden Jahren wurden die kirchengemeindlichen
Aufgaben von einem Dreimännerkollegium unter dem Vorsitz des Dekans wahrgenommen
.74

1935 — ein Jahr voller Streitigkeiten

Der Einführung der Sonderverwaltung war ein turbulentes Jahr 1935 vorausgegangen
, in dem beide Seiten mit größter Energie und Schärfe kämpften. Beispielhaft dafür
sind die Beschwerden, die beide Seiten dem Evangelischen Oberkirchenrat vorlegten
. Die Bekenntnisleute beklagten sich, daß Pfarrer Kölli den „Heil-Hitler-Gruß"
des Kirchenältesten Wirth mit den Worten 55gelobt sei Jesus Christus" beantwortet
habe.75 Der Oberkirchenrat belegte Pfarrer Kölli mit einer Geldbuße von 100
Reichsmark und tadelte sein „frivoles Verhalten".76 Von diesem Urteil war der anständige
Kirchenälteste Wirth so betroffen, daß er den Oberkirchenrat um Aufhebung
der Strafe für Pfarrer Kölli bat.77 Doch auch die Deutschen Christen suchten beim
Oberkirchenrat Unterstützung. Es ist aufilllig, daß beide Seiten immer wieder versuchten
, die noch bestehenden Rechts- und Verwaltungsstrukturen auszunützen, sofern
es jeweils günstig war. Dabei war ziemlich gleichgültig, in welchem Maße man
noch gewillt war, selbst diesen Organen sich loyal gegenüber zu verhalten.

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