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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
111.1992
Seite: 90
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1992/0092
Alternative Heilmethoden

An verschiedenen Stellen, in unterschiedliche Zusammenhänge eingebettet, äußerte
sich Langsdorff zur Schulmedizin und zu alternativen Heilmethoden, wobei er den
Schwerpunkt auf die Prophylaxe legte. Seine Kritik an akademischen Heilkundigen
nahm im Laufe der Jahre zu und war mitunter von äußerster Schärfe. Durch seine
akademischen Ausbildungen wäre er eigentlich auf der Seite eher mechanistisch denkender
Naturwissenschaftler des 19. Jahrhunderts zu vermuten gewesen. Anders als
sein Vater, den man berechtigterweise als einen der letzten Universalgelehrten bezeichnen
kann, war Georg von Langsdorff auf der Suche nach einem immateriellen
Prinzip, das er schließlich im Spiritualismus zu finden geglaubt hatte. Der Versuch,
beide Ansätze miteinander harmonisieren zu lassen, ließen ihn zu einem Grenzgänger
werden.

Als alternative Heilmethoden propagierte er diätetische Maßnahmen27, Kneipp'-
sche Anwendungen28 — erinnert sei an den Versuch, in seinem zu einer Kurklinik
umgestalteten Haus in Freiburg die Erkenntnisse und Methoden der Kneipp'schen
Therapie zu realisieren; er hatte den Pfarrer zuvor in Wörishofen aufgesucht und sich
seine Befähigung von diesem mündlich bescheinigen lassen —? Heilmagnetismus29,
Einsatz von Sonnen- und farbigem Licht30 und nicht zuletzt, quasi vorbeugend, die
spirituelle Hinwendung zu einer Art göttlichem Wesen, dessen heilbringender Weg
durch den Geist Verstorbener den noch Lebenden vorgezeichnet werde.

So vehement sich Langsdorff für Approbierte in der Zahnheilkunde aussprach, so
sehr engagierte er sich für die Gleichstellung Nichtapprobierter auf dem Gebiet der
Medizin. Zuständige Behörden sollten unvoreingenommen die Therapieerfolge der
mit Giftdosen und Operationen arbeitenden Allopathen mit denen der Homöopathen,
diätetischen Heiler, Magnetiseure usw. vergleichen. Dazu schlug er vor, in den Kliniken
verschiedene Säle einzurichten und deren erzielte Heilerfolge zu ermitteln, wobei
Langsdorff keinen Zweifel daran ließ, wer die Erfolge würde verbuchen können. Betrachtung
fanden auch Gebetsheilungen.

Spiritualismus

Georg von Langsdorff hatte in Brasilien in Ermangelung eines evangelischen Geistlichen
die katholische Taufe empfangen, wurde aber im Sinne des protestantischen
Glaubens erzogen. Noch zu Schulzeiten in Freiburg ergriffen ihn tiefe Zweifel am
Wahrheitsgehalt der christlichen Uberlieferung: es erfolgte die allmähliche Abkehr
hin zum überzeugten Atheisten. In seinem amerikanischen Exil kam er dann aber zu
einer anderen Sicht» Die atheistische Meinung, daß mit dem Tod das individuelle Bewußtsein
erlösche, ließ ihn folgern, daß diese Weltanschauung nur eine sehr geringe
moralische Kraft in sich tragen könne und somit dem allgemeinen Fortschreiten der
Menschheit nicht dienlich sei. Nach anfänglichem Zögern gab Langsdorff dem Drängen
einiger Freunde nach und ließ sich mit dem von ihm bis dahin als Unsinn abgeta-
nenen Spiritualismus probehalber ein.31 Dieser war von der Geisterlehre nicht zu
trennen; der Geist Verstorbener lebte im Jenseits fort mit dem Ziel, nach genügender
ethischer und moralischer Klärung die Vereinigung mit Gott einzugehen. Mängel in
der geforderten tugendhaften Lebensweise eines Menschen nun hatten die Geister

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