Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
111.1992
Seite: 132
(PDF, 29 MB)
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Durchsetzungsfähigkeit des Patriachen, wobei beide Worthälften passen: Vater und
Herrscher. Andererseits scheute er nicht vor der alltäglichen Fleißarbeit zurück, was
brillanten Geistern oft schwer fallt und sie um den Erfolg bringt. Er beschäftigte sich
auch mit ganz alltäglichen Details und arbeitete „vom Morgen bis zum späten Abend'*
in seiner Kanzlei. Daß er kaum je Urlaub gemacht habe und sich auch sonntags
dienstlich ansprechen ließ, wird in der Familie glaubhaft tradiert. Natürlich profitierte
Winterer von der günstigen Zeit nach dem siegreichen Siebziger Krieg und der
Gründung des Deutschen Reiches. Nicht nur in Freiburg ging es damals bergauf. Die
griffige Vokabel „Gründerzeit" drückt das aus. Die Zeitumstände hätten aber auch
zum Stolperstein werden können, das „Gründerfieber" hätte ins finanzielle Chaos
führen können. Denn auch „Gründerkrach" ist ein gängiger Begriff. Winterer holte
zwar groß aus, behielt aber soviel Augenmaß, daß er zu keiner Zeit das Vertrauen
der Mehrheit verlor.6 Man darf jedoch nicht übersehen, daß ihm gegen Ende seiner
Amtszeit der politische Wind rauher ins Gesicht blies. Haltungen, die früher als liberal
galten, kamen manchen Zeitgenossen im frühen 20. Jahrhundert als zu mild und
sozial vor.

Es gibt noch weitere Gründe, die zu Winterers nachhaltigem Ansehen beitrugen:
Die Freiburger konnten sich mit ihrem OB sehen lassen, er machte eine gute Figur,
wirkte bedeutend, wie es die Zeitgenossen formulierten, wo immer er an ein Rednerpult
trat oder sonst eine Repräsentationspflicht wahrnahm» Daß er ein so abgerundetes
oder harmonisches Lebenswerk hinterlassen hat, hängt aber auch damit zusammen
, daß er schon in jungen Jahren wußte, was er wollte: Mit 31 Jahren gab er die
Beamtenlaufbahn auf, um Oberbürgermeister von Konstanz zu werden. Entscheidend
war, daß er sich nie überschätzte und nicht ständig höhere Amter anstrebte. Er schlug
zum Beispiel einen Ministerposten in Karlsruhe aus, also einen Ruf aus der Umgebung
des von ihm sehr verehrten Großherzogs. Lieber wollte er der „Großherzog von
Freiburg" bleiben, wie ihn Zeitgenossen nannten. Eine Reichstagskandidatur hat er
1893 gewagt, ohne sich aber gegen den Zentrumskandidaten Rechtsanwalt Marbe
durchzusetzen, In seiner Konstanzer Zeit war er von 1883 bis 1889 als Abgeordneter
der Nationalliberalen Partei Mitglied der Zweiten Kammer der badischen Landstände
. Von 1905 bis zu seinem Tod gehörte er dann der Ersten Kammer an, dem
„Oberhaus", in dem nur berufene und geborene Mitglieder saßen. Diese Mitgliedschaft
empfand er als wohltuend und ehrenvoll. Eine Fotografie im Nachlaß zeigt ihn
mit Prinz Max von Baden inmitten dieses Gremiums. Ahnliche Bilder von Glanzlichtern
seiner Amtszeit betreffen Besuche der Großherzoge Friedrich I. und IL mit ihren
Gemahlinnen Luise und Hilda in Freiburg und einen Empfang bei Otto von Bismarck
auf Gut Friedrichsruh 1895.

Freundschaft mit Heinrich Hansjakob

Während Winterer in der Literatur zumeist wie ein Denkmal oder ein Stück Stadtgeschichte
behandelt wird, gibt es wenig Gedrucktes über den persönlichen Bereich.
Zu diesem Punkt kann Heinrich Hansjakob etwas beitragen, der als Pfarrer von
St. Martin mit Winterer die ganze Amtszeit über in guter Nachbarschaft lebte, aus
der schließlich eine Freundschaft entstand. Es gab manche Ähnlichkeit zwischen bei-

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