http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1992/0135
Abb. 2 Otto Winterer als Mitglied der Ersten Kammer des badischen Landtages 1907/08 (vierter links
neben Prinz Max von Baden). (Stadtarchiv Freiburg, M 7092/395)
den: Sie standen durch ihr Wirken und Werk über dem Durchschnitt ihrer Alters- und
Studienkollegen und waren Individualisten, auch in politischer Hinsicht: Hansjakob
entlernte sich in manchen Punkten von der Zentrumspartei, für die er von 1871 bis
1881 im Landtag gesessen hatte, und Winterer von den Nationalliberalen, deren Kulturkampfmaßnahmen
gegen die Katholische Kirche er ablehnte.7 Beide waren von
Haus aus Kleinstädter: Hansjakob stammte aus Haslach im Kinzigtal, Winterer aus
Euenheim bei Lahr, und beide waren Bäckersöhne, was keiner verschwieg, wenn
auch Hansjakob etwas unbefangener davon plauderte. Der „allmächtigen Fürsprache"
Winterers verdankte dieser übrigens seine Dichterklause in der Kartaus.8 „Als ich
die Nachricht erhielt, daß Winterer verschieden sei, da weinte ich. Seit dem Tod meiner
Eltern habe ich nie mehr geweint um eines Toten willen . . . Winterer war ein
großer, glänzender Geist in Wort und Tat", schrieb Hansjakob 1915.9
Aristokrat und Monarchist
1914 hatte er in einer Tagebuchnotiz ironisch-kritisch geäußert: „Er war Aristokrat
und Monarchist, und ich Proletarier und Demokrat ... Da er aber viel gescheiter
war als ich, muß die Monarchie besser sein als die Demokratie". Die Verehrung für
Kaiser und Großherzog, die Winterer wie viele seiner Zeitgenossen in uns heute unverständlicher
Weise empfand, konnte Hansjakob als der rebellischere Geist und Kul-
turkamplgeschädigter nicht teilen. Beide hatten eben auch gegensätzliche Eigenschal-
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