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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
111.1992
Seite: 156
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gleich. Ein halbes Jahr zuvor, am 25. und 26. September 1913, hatte die streitbare Sozialdemokratin
auf zwei Antikriegskundgebungen in Frankfurt-Fechenheim und im
Vorort Bockenheim zum Widerstand gegen nationale Kriegstreiberei aufgerufen. Ihre
zweistündige Rede in Fechenheim zum Thema „Die politische und wirtschaftliche
Situation und die Aufgaben der Arbeiterschaft" gipfelte in dem kämpferischen Appell
: „Wenn uns zugemutet werden sollte, die Mordwaffen gegen unsere französischen
oder andere ausländische Brüder zu erheben, dann rufen wir: wir tun das
nicht!"8 Die aufmerksame Justiz am Main, der ein Zeitungsartikel der „Frankfurter
Warte" zu den antimilitaristischen Versammlungen zugespielt worden war, ließ mit
einer Reaktion auf den inkriminierenden Ausspruch nicht lange auf sich warten. Vor
dem Frankfurter Landgericht klagte die Staatsanwaltschaft Rosa Luxemburg wegen
öffentlicher „Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze und zu strafbaren Handlungen
" an.9 Am 20. Februar 1914 wurde unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor
Heldmann das Urteil gesprochen:10 „Die Angeklagte wird wegen zweier Vergehen
gegen § 110 des Strafgesetzbuches zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr verurteilt
."11 Der Ankläger, Staatsanwalt Hoffmann, konnte zufrieden sein. Seine Tira-
den gegen die Angeklagte, der er vorwarf, sie „spielt mit dem Massenstreik, sie animiert
zu Mord, sie fordert zur Meuterei auf, und ihre Rede sei insgesamt „ein aus
feindlicher Hätz geborener Angriff auf unsere Volkskraft" gewesen, hatten ihr Ziel
erreicht.12 Doch zur Einkerkerung Rosa Luxemburgs kam es vorerst nicht. Der Revisionsantrag
ihrer Anwälte Paul Levi und Kurt Rosenfeld zögerte den Haftantritt so
lange hinaus, daß die Sozialdemokratische Partei im Frühjahr 1914 in verschiedenen
deutschen Städten großangelegte Protestversammlungen gegen die Verhaftung Rosa
Luxemburgs organisieren konnte. Schon zwei Tage nach der Verurteilung sprach
„Genossin Luxemburg vor Tausenden" erneut in Frankfurt,13 wenig später in Berlin
, dann in Stuttgart. Am 7. März 1914 erreichte die kleine Protesttournee14 Rosa
Luxemburgs und ihrer Verteidiger auch Freiburg.

Hier hatte man die Veranstaltung, die auf die Initiative des ansässigen SPD-Verbandes
zurückging, gründlich vorbereitet. Am 2. März, als noch nicht einmal das genaue
Datum der Rede teststand, hatte die „Volkswacht" bereits zur „Solidarität mit der
verurteilten unerschrockenen Kämpferin für die Menschenrechte" aufgerufen.15
Zwei Tage später avancierte Rosa Luxemburg dort gar zur „Vorkämpferin für den
Völkerfrieden",16 während eine großformatige Anzeige alles Wissenswerte über den
Vortragsabend verriet: „Frau Dr. Rosa Luxemburg aus Berlin spricht am Samstag,
den 7. März, abends präzis 8.00 Uhr in einer öffentlichen Volksversammlung in der
Kunst- und Festhalle über ,Militarismus und Volksfreiheit'. Freie Aussprache. Keine
Restauration. Eintrittskarten im Vorverkauf 10 Pf., an der Kasse 20 Pf."

Die genannten Vörverkaufsstellen lassen gewisse Rückschlüsse auf die Anhänger
der SPD in Freiburg zu. So war das „Alkoholfreie Restaurant ,Goldener Apfel', Kai-
serstr. 35" darunter und die „Restauration Böttiner, Löwenstr. 8".17 Natürlich gab
es die Karten auch bei der „Expedition der Volkswacht; [dem] Arbeitersekretariat,
Predigerstr. 8" und „bei den bekannten Parteigenossen".18

Den „Freiburger Boten" verleitete das emsige Werben der Genossen nachträglich
zu spöttischen Randbemerkungen. „Gehörig Reklame" hätten die roten Blätter Frei-
burgs gemacht, wobei besonders „die schönen roten Plakate mit den rosarot schim-

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