Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
111.1992
Seite: 158
(PDF, 29 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1992/0160
Die angekündigte Überwachung der Protestversammlung im Stadtgarten geriet zu
einer aufwendigen und in der Rückschau unfreiwillig komischen Kraftanstrengung
für die Freiburger Polizei. Aus dem Bericht des örtlichen Polizeichefs, Bezirksamt-
manns Freiherr v. Dusch, geht hervor, daß von Beginn der Veranstaltung an uniformierte
Polizisten vor der Festhalle Wache schoben, während im Innern zwei zivile
Fahnder die Versammlung überwachten. War der eine am Ausgang zur benachbarten
Gaststätte postiert, um nötigenfalls „durch das Wirtschaftstelefon die Wache zu aver-
tieren", so saß der andere im hinteren Teil des Saales am Haupteingang, von wo aus
er im Falle einer gewaltsamen Räumung die Hilfe seiner Kollegen herbeirufen
konnte. „Sodann sollte der Fahnder auf seinem Rad, das er draußen vor der Stadthalle
stehen hatte, nach der Hauptwache fahren, [. . .] für den Fall, daß die Benachrichtigung
durch das Telefon nicht funktionierte." Dort waren zur Verstärkung „20
Mann unter dem ersten Polizeikommissar versammelt".24 Der „Vorwärts" hatte für
diesen diensteifrigen Polizeibericht aus Freiburg nur süffisante Worte übrig: „Es war
also alles vorbereitet, damit das liberale Musterländle nicht von der Revolution überrascht
wurde .. ."25

Trotz der publizistischen Rempeleien des politischen Gegners und der argusäugi-
gen Überwachung durch den Staat hatte die Werbekampagne der Sozialdemokraten
den gewünschten Erfolg. Schon am 5. März konnte die „Volkswacht" jubelnd vermelden
: „Die Eintrittskarten für die Luxemburg-Versammlung finden reißenden Absatz,
ein Beweis, welch großes Interesse dafür vorhanden ist."

Der Freiburger SPD kam der Besuch Rosa Luxemburgs im März 1914 glücklich
gelegen. Er fiel zusammen mit der sogenannten Roten Woche der Sozialdemokratie,
die vom 8. bis zum 15. März 1914 in ganz Deutschland zum ersten Mal organisiert
wurde. Nach dem Willen der Berliner Parteileitung sollte die Rote Woche „nach ausländischem
Muster [. , . ] ein agitatorischer Kulminationspunkt sein, eine Woche besonders
emsigen und rastlosen Werbens für die proletarischen Organisationen und die
sozialdemokratische Presse "26 Der Sinn der Roten Woche war es, der SPD, die sich
trotz ihrer 110 Reichstagsmandate als „parlamentarisch isoliert und ohnmächtig"27
begriff, in der Bevölkerung den Rücken zu stärken. Die Losung in der Freiburger
„Volkswacht" zur Roten Woche lautete ebenso zuversichtlich wie griffig: „Jeder
Abonnent werbe einen neuen Leser. Jeder Parteigenosse ein neues Parteimitglied
!"28 Dabei konnte sich gerade die „Volkswacht" mit der Zahl ihrer Leser
durchaus sehen lassen. Seit seinem ersten Erscheinen am 1. Juli 1911 hatte es das Blatt
zu einer Auflage von fast 10 000 Exemplaren gebracht.29

Insgesamt brauchte sich die Freiburger und die gesamte SPD Badens am Vorabend
des Ersten Weltkrieges nicht zu verstecken. Zwar war sie bei der Reichstagswahl von
1912 mit 28,3 % (1907: 23,9 %) hinter dem reichsweiten Durchschnitt von 34,8 % zurückgeblieben
, aber sie überrundete damit prozentual erstmals in ihrer Geschichte die
Nationaldemokraten (26,0 %).30

Bei der Wahl zur Zweiten Kammer der badischen Ständeversaimnlung, dem Landtag
, hatte die SPD 1913 allerdings gegenüber 1909 erheblich eingebüßt. Mit 22,3 %
und 13 Mandaten (1909: 28,1 %, 20 Mandate) fiel sie hinter Zentrum (34,8 %, 29
Mandate) und Nationalliberale (24,1 %> 20 Mandate) auf den dritten Platz zurück.31
Die Zahl der Mitglieder in der badischen SPD hatte sich im gleichen Zeitraum hin-

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