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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
111.1992
Seite: 169
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Selbst die nicht-sozialdemokratische Presse betrachtete die Vertagung als Kleinbeigeben
des preußischen Staatsapparates und als einen „Triumph der Sozialdemokratie
".77 Satirischer ging es im SPD-nahen „Wahren Jakob" zu, wo man zur „Mißglückten
Jagd" des Berliner Staatsanwaltes dichtete:

„Doch als die Rosa er erwischt,

Da zeigt' sich klipp und klar,

Daß dieses vielgejagte Wild

Dem Jäger über war» [. . . ]

Schon ist mein Leder windelweich

Und Schlimm'res droht mir noch —

Drum schlüpfe ich, was kann da sein,

Flugs in dies Mauseloch!

Mach es wie ich, und folg mir nach.

Mein tapfrer Falkenhayn

Und laß dich nie und nimmermehr

Mit dieser Rosa ein!"78

Die Niederlage von Berlin hielt die deutsche Rechtsprechung jedoch nicht davon
ab, Rosa Luxemburgs doch noch habhaft zu werden. Das Deutsche Reichsgericht, an
welches das Verfahren von Frankfurt in nächster Instanz weitergeleitet worden war,
verwarf im Oktober 1914 den Revisionsantrag von Levi und Rosenthal und bestätigte
damit endgültig die Verurteilung zu einem Jahr Gefangnishaft,79 Am 18. Februar

1915 wurde Rosa Luxemburg ohne Ankündigung festgenommen, obwohl ihr wegen
gesundheitlicher Haftuntauglichkeit ursprünglich ein Aufschub bis zum 31. März gewährt
worden war.80 Offenbar war es der Spitzelbericht von einer geschlossenen
Mitgliederversammlung in Berlin-Charlottenburg, auf der Rosa Luxemburg gesprochen
hatte, der die Justiz zum vorzeitigen Handeln veranlaßte,81 Bis zum Februar

1916 blieb Rosa Luxemburg eingekerkert. Danach konnte sie nur viereinhalb Monate
die Freiheit genießen, bis sie wegen Teilnahme an einer Antikriegskundgebung erneut
verhaftet wurde und diesmal bis zum 8. November 1918 hinter Gittern saß,82

Rosa Luxemburgs Freiburger Rede am Vorabend des Ersten Weltkriegs hatte große
Wellen geschlagen» Das Großherzogliche Badische Innenministerium nahm sich, wie
gezeigt, ihrer an, der preußische Kriegsminister lancierte wegen der Freiburger Äußerungen
einen neuen Prozeß gegen Rosa Luxemburg, und selbst die Reichsregierung
zerbrach sich den Kopf, wie die sozialdemokratische Agitatorin mundtot zu machen
sei. Auch in kleinräumlicher Hinsicht war die Protestversammlung in der Festhalle
eines der bedeutendsten Ereignisse im Freiburg des Jahres 1914, sowohl für die so-
zialdemokratische Partei- und Öffentlichkeitsarbeit als auch für die lokalpolitische
Auseinandersetzung an sich.

Der Ort

Das Auftreten Rosa Luxemburgs in Freiburg bedeutete darüber hinaus eine besondere
Pikanterie für die Geschichte der badischen Arbeiterbewegung» Innerhalb der deutschen
Sozialdemokratie galt die SPD Badens schon seit langem als Außenseiter. In
kaum einem anderen Landesverband waren die programmatischen Ideen Eduard

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