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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
111.1992
Seite: 183
(PDF, 29 MB)
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schürt werden. Deshalb erhielten Frauen, deren Männer zur Wehrmacht eingezogen
waren, relativ großzügig bemessene Unterhaltszahlungen, die nur unwesentlich geringer
waren als der Lohn, den sie zu erwarten hatten, wenn sie eine Arbeit aufnahmen.
Wollte das Regime seinen Eroberungskrieg zu diesem Zeitpunkt überhaupt führen, so
blieb ihm nur das Ausschöpfen der Arbeitskräftereservoirs der Überfallenen und besiegten
Länder, was in der Durchführung hinauslief auf Zwangsarbeit für die Kriegsgefangenen
der gegnerischen Armeen und die Zivilisten der besetzten Staaten — und
eine langsame Vernichtung durch Arbeit für alle diejenigen Insassen der Konzentrationslager
, die trotz der brutalen Haftbedingungen noch arbeitsfähig waren.23

Die Entwicklung der Ausländerbeschäftigung 1939 bis 1943

Das Vorgehen in Polen war der Testlauf für die Verschleppung der Menschen aus den
anderen besetzten Ländern in den folgenden Jahren» In kurzer Zeit baute die Wehrmacht
einen Apparat auf? der die Verteilung von Kriegsgefangenen organisierte. In
großen Sammellagern hinter der Front wurden die Gefangenen interniert und in die
Stammlager im Reich transportiert. Dort wurden sie einem Betrieb zugewiesen und
anschließend am Ort in kleinere Lager gelegt. In Baden gab es zwei große Stammlager
, eines in Villingen, und das andere zunächst in Baden-Baden und von März 1942
an in Offenburg. Von den 20 000 bis 30000 Gefangenen, die in diesen Stammlagern
oder Stalags, wie sie im Wehrmachtsjargon hießen, registriert waren, lebten nur rund
1000 im Lager selbst. Die meisten wurden, nach Nationen getrennt, in kleinen Außenlagern
für 10 bis 70 Mann in der Nähe ihres Arbeitsplatzes einquartiert. Dem Offenburger
Stalag V C unterstanden gut 500 solcher Außenlager in Baden.24

Nun beschränkte sich das Zwangsarbeiterprogramm des NS-Regimes nicht auf
Kriegsgefangene. Noch während die Wehrmacht in Polen vorrückte, erfaßten mobile
deutsche Arbeitsämter in deren Troß die polnische Zivilbevölkerung. Sie versprachen
gute Löhne und Sozialleistungen und den zahlreichen Arbeitslosen eine großzügige
Unterstützung. Aber wer sich bei den Arbeitsämtern der Besatzungsmacht registrieren
ließ, merkte bald, daß damit sein Einverständnis verbunden war, sich nach
Deutschland deportieren zu lassen. Immer weniger Polen waren unter diesen Umständen
bereit, sich freiwillig zu melden, und wer keine Arbeit hatte, verzichtete lieber
auf die Unterstützung ~~ die ohnehin bald unter das Existenzminimum gesenkt
worden war —, als sich bei den deutschen Behörden zu melden. Deshalb gingen die
Besäter dazu über, ganze Viertel, Straßen und Plätze abzuriegeln, alle Passanten zu
verhaften, zu selektieren und die Geeigneten nach Deutschland zu verschleppen.25

Auch für die Verschleppung der Zivilbevölkerung gab Polen das Muster ab für das
Vorgehen in den später besetzten Ländern. Mit ähnlichen Methoden gingen die deutschen
Besatzer seit Ende 1941 auch gegen die Zivilbevölkerung in der Sowjetunion
vor. Seit Anfang 1942 rollten die Güterzüge aus der Sowjetunion ins Reich, überfüllt
mit Menschen, die einem ungewissen Schicksal im Land des Feindes entgegensahen
.26

Die Zustände in diesen Deportationszügen illustriert ein Eintrag im Kriegstagebuch
des Rüstungskommandos Freiburg vom August 1942: „Hinsichtlich Qualität hüben
die Firmen in St, Georgen nur ein Menschenmaterial erhalten, das, soweit es nicht

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