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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
111.1992
Seite: 188
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Ahnlich wie die Juden hatten die Parias unter den Ausländern diffamierende Kennzeichen
zu tragen: die Polen ein „P" und die Russen ein Abzeichen mit der Aufschrift
„Ost", die sie sofort als Ausländer erkennen ließ, von denen jeder deutsche Volksgenosse
Abstand zu halten hatte.41 Abgesehen von diesen Diskriminierungen ließ man
die Ausländer, vor allem die Russen und Polen, die niedrigsten und schwersten Arbeiten
ausführen. Die Vorstellung von Arbeit als Strafe bestimmte in der ersten Zeit
die Zuteilung des Arbeitsplatzes und wurde nur unter dem Druck des Arbeitermangels
schließlich fallengelassen.42

Arbeitsbedingungen

Einen Einblick in die Arbeitsbedingungen der ausländischen Arbeiter gibt der Bericht
des Holländers Pieter Hendriks, der im August 1943 nach Offenburg deportiert
wurde. Dort teilte ihn das Arbeitsamt als Metallhilfsarbeiter einem Rüstungsbetrieb
zu. Zunächst hatte er Eisenträger mit Stahlbürsten zu entrosten, nach kurzer Zeit
wurde er aber zur Strafe in die Transportabteilung versetzt, weil er versucht hatte,
seinen eigenen Beitrag zum Krieg der Deutschen gegen sein Land möglichst klein zu
halten. Die Transportabteilung bestand ausschließlich aus Russen, mit denen er rasch
Kameradschaft schloß. „Nachdem ich einige Zeit in der Transportgruppe gearbeitet
hatte" berichtet Hendriks, „wurde ich in die Lackiererei versetzt, wo ich in einem
unbelüfieten Raum Werkstücke entrosten mußte, die dann mit synthetischer Farbe
besprüht wurden. Die Farbe war abwechselnd rot oder grün, und die Arbeit wurde
von den Russen verrichtet, Nur der Chef der Abteilung hatte eine Schutzmaske und
hielt sich während des Sprühens in einer abgeschlossenen Kabine auf. Nach Ablauf
des Arbeitstags kamen beim Husten und Schneuzen rote und grüne Farbstücke mit
heraus. Unsere Gesichter und Hände reinigten wir mit gestohlenem synthetischem
Benzin, "43

Unterschiedlich wie die Behandlung war auch die Entlohnung der Zwangsarbeiter.
Für die Höhe des Lohns waren die Staatsangehörigkeit und der Status — Zivilist oder
Kriegsgefangener — ausschlaggebend. Westliche Kriegsgefangene bekamen anfangs
rund 10 Prozent, später bis zu 20 Prozent des Tariflohns; sowjetische Kriegsgefangene
höchstens die Hälfte, im Extremfall 2 bis 3 Pfennige in der Stunde. Damit waren
sie die billigsten Arbeitskräfte überhaupt. Allen Kriegsgefangenen wurde ihr Lohn
allerdings nicht in Reichsmark, sondern in Lagergeld ausgezahlt, einer Ersatzwährung
, die außerhalb des Lagers nur in wenigen Geschäften angenommen wurde.44

Auch bei den Zivilarbeitern beuteten die Nationalsozialisten die Russen am intensivsten
aus. Formell erhielten sie zunächst die üblichen Tariflöhne, doch nach Abzug
einer progressiven Steuer bis zu drei Vierteln des Lohns blieb netto kaum etwas
übrig. Erst als die Behörden einsehen mußten, daß sie unter diesen Umständen nie™
mals die volle Arbeitsleistung erwarten konnten, hoben sie die Löhne für die Russen
schrittweise an, ohne ihnen allerdings jemals den vollen Lohn zu zahlen. Außerdem
nahmen sie ihnen für die Unterkunft im Lager und für Verpflegung den größeren Teil
des ausbezahlten Lohns wieder ab.45

Einzig die Westarbeiter wurden nach den geltenden Tarifsätzen entlohnt, das waren
in der Metallindustrie 60 bis 70 Pfennige in der Stunde. Allerdings waren ihre Aus-

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