Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1993/0095
Eine soziale Differenzierung der Beteiligten ist kaum möglich. Das mehrfache Auftreten
derselben Familiennamen reicht nicht hin etwa für einen Rückschluß auf eine
dörfliche Elite. Jedenfalls wirkten auch Frauen bei den gemeinsamen Unternehmungen
mit. Wenn es um Übergriffe oder Tätlichkeiten geht, scheint die jüngere Generation
die treibende Kraft gewesen zu sein. Immer wieder sind es die Söhne, ettliche
Buben oder junge Burschen, die in den Schilderungen als die eigentlichen Täter aufgeführt
werden. Die jungen Hitzköpfe scheinen an der gewalttätigen Eskalation
überproportional beteiligt gewesen zu sein. Belege für die Rauflust der jungen Leute
liegen schon für das 16. Jahrhundert zahlreich vor. Die Ausgelassenheit der Kirchweihfeste
endete nicht selten in wüsten Prügeleien oder Zusammenrottungen gegen
die Ortsobrigkeit. Ein reichlicher Alkoholkonsum dürfte dem jeweils vorausgegangen
sein.

Die Herrschaft reagierte darauf mit den entsprechenden Verordnungen.90 Ganz
unterbunden werden konnten die Auswüchse damit jedoch nie. Immer wieder berichten
die Gerichtsprotokolle von Zusammenstößen der jungen Gesellen, bei denen die
Wehr vom Leder gezückt worden war.91 Der Vorfall im Mooswald 1585 wie der
Kleinkrieg im Wildtal boten offensichtlich auch die Gelegenheit, eventuell „alte
Rechnungen" heimzuzahlen. Bei der Zusammenkunft der Gundelfinger Bürger am
Morgen des 5. November 1628 im Wirtshaus als dem üblichen Ort offizieller Versammlungen
der Gemeinde trank man sich vielleicht zum Auftakt Mut zu. Am folgenden
Tag sonderte sich von der Gundelfinger „Truppe" eine Gruppe von 13 Personen
ab, zog vom Reutebach her durch das Dorf Zähringen und trieb durch den Ruf:
Flieht, der Mansfelder kommt! ihre bösen Späße mit den Ängsten der Bevölkerung.
Auch dabei scheint es sich um junge Leute gehandelt zu haben, denn zuvor hatten
sie ob dem Dorff ... gespilt Die Szene weist im übrigen darauf hin, wie die nun
schon zehn Jahre andauernden Kriegseinwirkungen zum Alltag gehörten. Das unterschiedliche
Temperament der Generationen hatte vermutlich auch dazu geführt, daß
bei den Handgreiflichkeiten im Wald die pflichtgemäßen Aufrufe der Dorfhonoratioren
zu Frieden und Einhalt bei einigen (jüngeren?) Teilnehmern kein Gehör gefunden
hatten.92 Man kann darin aber auch den Versuch sehen, die Tumulte als Dummejungenstreiche
abzutun, um dem Vorwurf des Aufruhrs seitens der Herrschaft zu begegnen
.

Bürokratisierung — Verrechtlichung

Auf Seiten der Bauern konnte die Priorität des wirtschaftlichen vor dem rechtlichen
Aspekt über eine längere Zeit hin nachgewiesen werden. Dem stand auf der herrschaftlichen
Seite eine Priorität der rechtlich abgesicherten territorialen Ausbreitung
und später der klaren Abgrenzung nach außen und Homogenisierung nach innen gegenüber
. In dieser Entwicklung kollidierten unterschiedliche Vorstellungen von Eigentum
, Im diffusen spätmittelalterlichen Eigentumsbegriff fanden diese divergierenden
Rechtsauffassungen gleichermaßen ihre Legitimität. Während im Mittelalter kein
„Differenzierungsbedürfnis" zwischen hoheits- und vermögensrechtlichem Inhalt
des Begriffs93 bestanden hatte, erwuchs dieser Bedarf aus dem Prozeß der Territorialisierung
. Das römische Recht bot die Möglichkeit einer schärferen Abgrenzung
.94

93


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1993/0095