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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1993/0159
Gerichtsbote zu mir nach Lahr und sagt, er bringe mir die Schriften, die ich einzusehen
wünsche, habe sie aber noch vor dem Hause gelassen. Wie ich nun an das Fenster
trete, was erblicke ich? Einen vierrädrigen mit Ochsen bespannten Dungwagen,
über und über mit Papier bedeckt. Denke Dir mein Lachen und Protestiren! Aber
Alles half nichts; ich mußte die Schriften übernehmen, denn der Bauer mußte in der
Stadt Dung laden. Schwerlich werde ich von dem ganzen Haufen etwas brauchen
können.

Mein Lahr schreitet,ziemlich rasch voran. So eben fend ich auf dem Archive das
städtische Büfgerbuch v. j. 1356. An der Spitze steht: „Unser Herre Gott ist Bürger
an der Stat zu Lare.u

Signatur: StadtAF, K 1/27/2, S. 133 Nr. 95. Abschrift. — Teilabdruck bei Strack
(wie Anm. 22) S. 455.

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Stein an Schreiber; Lahr, 7. Aug. 1826

Die Nachgrabungen in Dinglingen haben noch nicht begonnen, weil die Untersuchung
eines Kindermordes mich hinderte. Ich erzähl Dir diesen psychologisch gewiß
interessanten Fall; ein dreiundzwanzigjähriges starkes Bauernmädchen, wegen Verdacht
der Schwangerschaft schon aus zwei Diensten fortgeschickt, verdingt sich vorletzten
Dienstag zu einem Bauern als Taglöhnerin und wird vergeblich ermahnt, ihre
Schwangerschaft zu gestehen. Mittwoch Nachmittags befallen sie die Wehen; sie
arbeitet aber dessen ungeachtet in den Reben und graset noch nach sechs Uhr an
einem starken Rain. Nachts zwischen 12 und 1 Uhr wird sie leicht und schnell entbunden
, ruht eine Stunde von ihrer Anstrengung aus und betet sodann zu unserm
Herrgott: er möge das Kind zu sich nehmen, es sei arm und für sie sei es auch gut.
Endlich beschließt sie, dasselbe in einer Schachtel auf dem Gottesacker zu begraben;
und nun erst will sie überlegt haben, wie sie es anfange, daß das Kind stirbt. Sie betet
wieder und mit dem Gedanken: „in Gottes Namen, es ist gut für das Kind, wenn es
stirbt und ich wieder in Dienste gehen kann, ich lasse für uns Beide durch Arme
beten4'; steht sie auf, legt das Kind unter das Bett und sucht seinen Kopf zwischen
ihren Händen zu zerdrücken. Als dieses nicht gelingen will, zerschlägt sie ihm mit
drei Fauststreichen den Hirnschädel des Hinterkopfes und steckt dann, da das Kind
noch röchelt, ihm von einer Kunkel abgerissenen Hanf in den Mund, den sie ihm
auch noch den Hals hinunter drückt. Um vier Uhr frühe geht dann diese Kindbetterin
auf das Feld und schneidet bis zwölf Uhr so fleißig Frucht, daß ihr Meister seine
Freude an ihr hat und sie für verleumdet hält. Die Untersuchung, die mich oft schaudern
machte, ist Gottlob! bald beendigt.

Signatur: StadtAF, K 1/27/2, S. 133-134 Nr. 96. Abschrift.

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