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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1993/0177
bin auf ihren Brief gefaßt, was ich schrieb, werde ich Euch im nächsten Brief sagen.
Innige Grüße und Küsse von Eurer Klara, Grüße an Nathan, Emilie, Bertha Drei-
fuss*"

Sie blieb und kam erst nach Hause zurück, als sie wußte, daß man sie dort dringend
brauchte. Zunächst kümmerte sie sich um ihre verwitwete Mutter, dann, nach deren
Tod, um ihren Bruder Löb.

Nach erledigtem Praktikum in Rastatt erhielt Löb einen Posten in Wertheim a. d. Tauber
, und seine Schwester Klara zog mit ihm zusammen dort in eine Wohnung ein.
Sie führte den Haushalt, er ging seinem Beruf nach. Während der Ferien wanderte
er des öfteren in den Vogesen, begleitet von seinem jungen Neffen Leo Bodenheimer,
dem Sohn seiner Schwester Sophie, die Sigmund Bodenheimer geheiratet hatte und
ebenso wie die mit Emil Meyer verheiratete Bertha in Rastatt wohnte. Das Milieu der
beiden Familien unterschied sich kaum von dem der anderen dort ansässigen Juden
in dieser Zeit.

Im August 1914 brach der Erste Weltkrieg aus, und auch Löb meldete sich beim
Militär. Er marschierte mit seiner Einheit in Frankreich ein. Zunächst stieß die Kolonne
auf keinen Widerstand. Doch dann wurde sie von versteckten Schützen angeschossen
und erlitt Verluste. Jetzt wußte Löb, daß er und seine Kameraden in diesem
Jahr das Weihnachtsfest — in seinem Falle Chanukkah — nicht mit den Ihren in der
Heimat feiern würden. Als Akademiker und Staatsbeamter, aber auch seines Alters
wegen wurde Löb zum Lazarettinspektor befördert. Der Posten befend sich in Labry,
vor Verdun. So war er zwar Frontsoldat und Luft- und Geschützangriffen ausgesetzt,
doch blieb ihm die Härte des Schützengrabens erspart.

Im November 1918 kamen Revolution und Waffenstillstand. Löb kehrte nach Wertheim
zurück und nahm sein Amt wieder auf. Nunmehr wollte er sich auch nach einer
Braut umsehen. Er machte die Bekanntschaft Irma Auerbachers, der Tochter eines
wohlhabenden Geschäftsinhabers aus Ludwigshafen am Rhein. Da diese Stadt von
der französischen Armee besetzt war (auch im Hause Auerbacher war ein Hauptmann
, zufällig sogar jüdischen Glaubens, einquartiert), war es für Löb nicht immer
einfach, seine Freundin, bald seine Verlobte, zu besuchen. Die Hochzeit fand im
Dezember 1919 statt. Löb trat eine neue Stellung als Lehrer für Mathematik, Physik
und Chemie an der Rotteck-Oberrealschule in Freiburg an. Das junge Paar bezog zunächst
eine bescheidene Wohnung in der Sternwaldstraße. Bei gutem Wetter fuhr Löb
von dort mit dem Fahrrad zum Unterricht. Im Winter 1920 stürzte Irma auf dem mit
Glatteis überzogenen Bürgersteig und verlor ihr erstes Kind. Doch am 19. Dezember
des folgenden Jahres kam ein kleiner Junge zur Welt, dem sie die Namen David Ludwig
gaben. Es sollte das einzige Kind bleiben.

Wie die meisten ihrer Mitbürger mußten sich Löb und Irma durch die Wirtschaftskrise
der Nachkriegsjahre durchkämpfen, obwohl sie einigermaßen vor den schlimmsten
Auswirkungen der Inflation geschützt waren, weil Löbs Gehalt monatlich der
Teuerung angeglichen wurde. Natürlich war trotzdem der wirkliche Wert oft schon
wieder gefallen, bis die Einkäufe getätigt werden konnten. Als wieder bessere Zeiten
kamen griff das Ehepaar die ihm verbliebenen Ersparnisse an — es handelte sich

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