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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1993/0204
des Philanthropes, der Freimaurerlogen und der Helvetischen Gesellschaft auf die französi-
sehe Menschenrechtserklärung vom 26, 8. 1789. Uber die Personen des Abbe Gregoire und
Mirabeaus — letzterer sollte sogar für das Elsaß in die Nationalversammlung (korrekter wohl:
in die General stände) einziehen — sind die intensiven Diskussionen der oberrheinischen Zirkel
direkt in die Debatten der Nationalversammlung eingeflossen. Zu einseitig scheint allerdings
das Urteil des Autors über den Kompromißcharakter der Menschenrechtserklärung vom
26. 8. 1789 (S. 12f) und Mirabeaus „Unterwerfung"; hier müßte man die näheren Umstände
der Debatte einbeziehen und auch auf die Argumente anderer Volksvertreter, etwa des Abbe
Gregoire eingehen, der hier nur als Mitglied der Societe am Rande erwähnt ist. — Mit Goethes
Schwager, dem markgräflichen Oberamtmann Johann Georg Schlosser befaßt sich Klaus
Gerteis, Im Streit zwischen der älteren und der jüngeren Naturrechtsschule bezieht Schlosser
aus Skeptizismus gegenüber den Bestrebungen der Aufklärer eine pragmatische Position:
nicht ein vollkommenes „philosophisches" Gesetzbuch sei zu schaffen, sondern es gehe
darum, „dem Volk zu allmählichen Fortschritten zum Bessern den Weg zu bahnen ..
(S. 24), wobei man sich vorerst mit den bestehenden Gesetzen behelfen solle. Die Forderungen
nach bürgerlicher Partizipation und Rechtsstaatlichkeit weisen aber doch über Schlossers
Zeit hinaus. — Ulrich im Hof stellt den Basler Ratsschreiber Isaak Iselin als einen frühen Vertreter
der Grund- und Menschenrechte und bedeutenden Vertreter der Schweizer Aufklärung
vor. Iselin hat wohl als erster im deutschen Sprachraum die Begriffe „der Menschheit eigenes
Recht" oder „geheiligte Rechte der Menschheit'4 verwendet. Seine Utopie der „glücklichen
Revolution", unter der er schrittweise Reformen versteht, wurde aber schon zu seinen Lebzeiten
kritisiert. — In einem umfangreichen Beitrag, der auch den geographischen und zeitlichen
Rahmen überschreitet, geht Winfried Dotzauer den Zusammenhängen zwischen Freimaurerei
und Französischer Revolution in Deutschland nach. Die Ergebnisse seiner Untersuchung widerlegen
nicht nur die restaurativen Verschwörungstheorien im Gefolge Barruels, sondern
auch manches Vorurteil der Forschung. Um nur zwei seiner Schlußthesen zu zitieren: „Die
freimaurerischen Systeme in Deutschland waren eher unpolitisch system-erhaltend konserativ
.. „Führende Persönlichkeiten der Freimaurerei spielen keine fuhrende Rollen in der Revolution
bzw. im Jakobinertum und umgekehrt .. " (S. 81, 83). — Allein zwei Drittel des Bandes
umfaßt der Beitrag von Franz Xaver Vollmer, der die bäuerlichen Gravamina der Ortenauer
im Zusammenhang mit den Unruhen des Sommers 1789 untersucht. Die Gemengelage der
Herrschaften kann hier als ein Spiegelbild der Zustände des Alten Reichs angesehen werden,
dessen Institutionen, vor allem das Reichskammergericht, ihre Funktionen noch vollauf erfüllen
. Neben der vorderösterreichischen Landvogtei Ortenau, den markgräflich-badischen Ter-
ritorien Mahlberg und Staufenberg, den bischöflich-straßburgisehen Amtern Oberkirch und
Euenheim, den hanauischen Amtern Willstätt und Lichtenau finden wir die drei Reichsstädte
Offenburg, Gengenbach und Zell am Harmersbach. Traditionsbestimmte Herrschaften liegen
neben solchen, die Reformen im Geiste der Aufklärung durchgeführt haben. So heterogen wie
die Herrschafts Verhältnisse waren Verlauf und Inhalte der Auseinandersetzungen im August
1789, die mit Akribie aus den Quellen rekonstruiert werden. Spielen in den habsburgischen
Gebieten Kirchenfragen eine große Rolle, wobei die Stoßrichtung gegen die aufgeklärten Maßnahmen
des Josephinismus geht, so sind es in anderen Territorien Probleme der Waldnutzung
oder einfach das Fehl verhalten von Beamten, die den Aufstand auslösen. Einige Grundzüge
sind jedoch gemeinsam. Die Bewegung ist eher antietatistisch als anti feudal istisch, mehr gegen
den modernen Verwaltungsstaat, gegen Schulpflicht und Wehrdienst gerichtet als gegen
die Herrschaft des Adels, Der Unterschied zu Frankreich kommt in der symbolhaften Behandlung
des Alten Rechts zum Ausdruck: Die französischen Bauern verbrennen die alten Urkunden
, während die Ortenauer, wo sie ihrer habhaft werden, ihnen eine reliquienartige Verehrung
bezeugen; für sie ist das Alte Recht, nicht das naturrechtlich begründete Menschenrecht

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