Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1993/0205
die Richtschnur. So wendet man sich, was dem modernen Betrachter paradox erscheinen mag,
gegen die gutgemeinte Geldablöse der Frondienste durch aufgeklärte Fürsten und fordert die
Rückkehr zur traditionellen Handfron: „Die Bauern hatten mehr Zeit als Geld" (S. 99). Die
Grundeinstellung ist durchweg antimodern, fast ausschließlich an den materiellen Nöten der
durch die demographische Entwicklung in ihrer Existenz bedrohten Bauern orientiert. Nur für
das praktische Vorgehen, nicht für die Bewußtseinsinhalte ist Frankreich Vorbild diese seit
1525 einmaligen Bewegung.

Der Wert des vorliegenden Buches liegt gerade darin, daß die verschiedenen Arbeiten die
Distanz zwischen den beiden Welten, den intellektuellen Zirkeln und den bäuerlichen Gemeinden
, deutlich machen. Mit Recht warnt aber E X. Vollmer davor, aus dieser „Gleichzeitigkeit
des Ungleichzeitigen" wertende Schlüsse zu ziehen:" . .. durch die Anlegung nachträglich
gewonnener Kriterien ist für das Verständnis der Bewegungen von 1789 im Grunde nicht
viel gewonnen; im Gegenteil, sie verbaut den Zugang zur historischen Erklärung des Verhaltens
der 1789 Beteiligten" (S. 269). Herbert Kraume

Alwin Tölle, Wolfgang Hug, Im Schwarzwald daheim. Leben und Arbeit in alten Fotografien
. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1989. 116 S. mit 94 Tafeln.

Noch ein mehr oder weniger touristisch orientierter Bildband über den Schwarzwald? Keineswegs
: den Verfassern, dem Bildjournalisten Alwin Tölle und Wolfgang Hug, Professor an der
Pädagogischen Hochschule Freiburg und für die Texte verantwortlich, ist es auf vorbildliche
Art gelungen, den schmalen Grat zwischen romantischer Idyllisierung und realistischer Wiedergabe
tatsächlich existent gewesenen harten Alltagslebens im Schwarzwald sicher zu beschreiten
. Gerne läßt der Leser sich vom Zauber der zahlreichen einfühlsamen und technisch
brillant reproduzierten Fotografien, die der 1906 in Thüringen geborene Alwin Tölle in den
1950er und 60er Jahren von seiner neuen Wahlheimat, dem Schwarzwald, fertigte, einfangen
und in scheinbar längst vergangene Zeit entführen. — Landschaftsaufnahmen finden wir in
dem vorliegenden Werk kaum und wo landschaftstypische Gebäude abgelichtet wurden, da
steht in jedem Fall das Tun und Schicksal des Menschen dahinter: das Schwarz waldhaus im
Bücherntal erzählt uns mit der vollbehangenen Wäscheleine und dem vor ihm lagernden
Brennholz von der schweren Alltagsarbeit und den Lebensbedingungen seiner Bewohner, und
an dem Foto vom Brand eines alten Hofes bei Wolfach erschreckt uns die zu erkennende Hilflosigkeit
der wenigen Feuerwehrmänner und erzählt damit die Geschichte vom harten Existenzkampf
, den unsere Vorfahren noch vor 30 und 40 Jahren hier zu führen hatten. Die Aufnahmen
mögen „Schwarzwald-typisch" sein, aber sie sind authentisch und wirken ungestellt.
Sie lassen einen Blick zu in die Seele dieser Landschaft, die Tölle mit dem Herzen und nicht
nur mit der Fotolinse sah. Mit ihm stehen wir in einer alten „Glanzrußküche" mit der Bäuerin
am Herd, wir nehmen teil an der Vesperzeit in der Stube und schauen beim Zubereiten des
Brotteiges zu. Die Aufnahmen von der Feld- und Waldarbeit spiegeln die Mühen des alltäglichen
Broterwerbs ebenso wider wie jene der bäuerlichen Heimarbeiterinnen und -arbeiter.
Fotografien, die die Lebensabschnitte der Schwarzwaldbewohner von der unbekümmerten
Kindheit bis in das hohe Alter zeigen, vermitteln uns die heute selten gewordene Geborgenheit
in der mehrere Generationen umfassenden Großfamilie. Der Schluß des Buches zeigt uns Bilder
von „Brauchtum und Frömmigkeit", vom Gräberbesuch der Frauen in Tracht über Fastnachts
-Impressionen, Prozessionen und Erntedankfest bis zur Bauernkinderschar unter dem
festlich leuchtenden Christbaum.

Die Einführungs- und Begleittexte von Wolfgang Hug erzählen von dieser Landschaft und
den Lebensbedingungen ihrer Bewohner in ebenso einfühlsamer und doch informativer Weise
wie die Bilder vor Jahrzehnten entstanden sind. Damit liegt ein Bildband vor uns, in dem man
gerne blättert und der gleichzeitig ein Werk von hohem dokumentarischem Wert darstellt, das
uns Heimatgeschichte in ihrem besten Sinne nahebringt. Uwe Fahrer

203


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1993/0205