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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1993/0211
maligen Bürgermeisters und späteren Ortsvorstehers von Schmieheim, Kurt Huck, eine Broschüre
, die speziell den Familien der Gemeinde gewidmet ist und eine Zusammenfassung der
Schloßgeschichte geben soll. Mit Bedauern ist festzustellen, daß dieser vom Grundsatz her zu
begrüßende Vorsatz kläglich mißlungen ist, da hier Geschichtsschreibung aufgrund von zweifelhaften
Sekundärquellen in der Art der Historiographie des 19. Jahrhunderts geboten wird.
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts hätte man allerdings solches, auch in der Heimatkunde,
nicht mehr für möglich gehalten. Und den Einwohnern der Großgemeinde Kippenheim und
allen badischen Schloß- und Burgenfreunden hätte man eine auf zuverlässige archivalische
Quellen stufende Geschichte von Schloß und Grundherrschaft Schmieheim gewünscht und
gegönnt,

Huck beginnt seine Irrfahrt durch die Geschichte der zum Ortenauischen Bezirk der Schwäbischen
Reichsritterschaft gehörenden Herrschaft Schmieheim bereits 1439 mit der Saga, wonach
die „Rittergeschlechter Böcklin von Böcklinsau aus Rust und Bock von Gerstheim im
Niederelsaß" in jenem Jahr in den Besitz von Schmieheim gelangt sein sollen. Gleich zwei
Geschlechter auf einmal? Zwei Drittel soll sich der Gerstheimer und ein Drittel der Rüster
genommen haben. Leider saßen aber 1439 noch gar keine Böcklins — oder Bocks, das ist für
Huck dasselbe — auf Rust! Es ist aktenkundig, daß die Böcklin von Böcklinsau erst am
22. Januar 1442 durch den Bischof von Straßburg mit Rust belehnt wurden. Vorher saßen dort
die Herren von Endingen. Nichtsdestoweniger wird uns glauben gemacht, daß ein Doppelgeschlecht
, das Huck der Bequemlichkeit halber „Bock/Böcklinsau" nennt, bis 1748 (woher
stammt bloß diese Jahreszahl?) eine 300jährige Herrschaft über Schmieheim ausgeübt habe.

Einer der fetalen Fehler Hucks ist, daß er aus zwei unterschiedlichen und eigenständigen
Uradelsgeschlechtern der Unterelsässischen Reichsritterschaft, nämlich der Bock von Bläsheim
und Gerstheim (erloschen 1823) und der Böcklin von Böcklinsau (heute noch in Deutschland
und in den USA blühend), ein Geschlecht gemacht hat. Es wird zwar gemeinhin angenommen
, daß die älteren Bock und die jüngeren Böcklin eines Stammes sind, einen
urkundlichen Nachweis hierüber gibt es jedoch bis heute nicht! Auch die Wappen der beiden
Familien sind nicht gleich, wie Huck behauptet, sondern differenziert.

Schmieheim ist, um es kurz und klar zu sagen, ein Schloß der Herren Bock von Bläsheim
und Gerstheim und ihrer Erben, und zwar seit dem 3. Juli 1439, als die Eheleute von Hattstatt
das Dorf Schmieheim an die Gevettern Bock vor Schultheiß und Gericht zu Offenburg verkauften
. Daß es einmal einen Böcklin'schen Mitbesitzer gegeben hat, der mütterlicherseits von
den Bocks abstammte, oder daß das Schloß im 17. Jahrhundert während 36 Jahren auch einmal
im alleinigen Besitz eines Böcklin von Böcklinsau gewesen ist, dies alles macht aus Schmieheim
freilich noch kein Böcklin'sches Schloß! Das Allianzwappen des Bauherrn im Innern des
Treppenturmes deutet der Autor als eines der Familie „Bock/Böcklinsau" (man vergleiche
auch Hucks ganzseitigen Artikel in der Badischen Zeitung vom 24. 1. 1992). Die Initialen innerhalb
der Wappenkartusche: F. B, V.G. — S. B. G. V F. verraten uns aber die wahren Namen
der tatsächlichen Bauherrschaft (1610), nämlich Friedrich Bock von Gerstheim — Salome
Böckin geborene von Fegersheim,

Es kann hier nicht unsere Aufgabe sein, die Geschichte von Schmieheim von 1429 bis 1925,
als der letzte „Ritterbesitzer" (gemeint ist natürlich der letzte Grundherr) Eduard Graf Waldner
von Freundstein Schmieheim an die Gemeinde veräußerte, neu aufzurollen. Dies soll einer
späteren Publikation vorbehalten bleiben. Man muß es aber wirklich bedauern, daß die Gemeinde
Kippenheim und der Ortsschaftsrat von Schmieheim, bevor sie ihre Zustimmung zur
Herausgabe dieser Schloßgeschichte gaben, keinen kundigen Historiker zu Rate gezogen haben
. Dadurch ist nun eine historische Fehlerquelle auf den Markt gekommen, woraus erfahrungsgemäß
wieder weitere Autoren — kritiklos — abschreiben werden.

Paul-Rene Zander

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