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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0020
da Hilfen, zumal wenn sie schon den Menschen in früheren Jahrhunderten vorlagen:
Die Legenda aurea — eines der am weitesten verbreiteten Bücher des Spätmittelalters
, in zahlreiche Sprachen übersetzt (Nr. 51) — diente Handwerkern, Künstlern und
Auftraggebern allenthalben in Europa als Vorlage; wer sie kennt, kann das Bäckerund
das Tulenhauptfenster mit Szenen aus der Legende der hl. Katharina bzw. des
hl. Nikolaus entziffern. Die Legenda aurea bildet eine der Hauptstützen von Nachschlagewerken
zu den vom Christentum geprägten Bildern (LCI, Nr. 213), zu Heiligen
(Nr. 130) und zur Sprache der Bilder überhaupt (Nr. 248).

Angesichts der Bedeutung, die die Mutter Jesu im Laufe der Geschichte für Theologie
, Frömmigkeit und Brauchtum gewonnen hat, ist es verständlich, daß man Maria
ein ganzes Lexikon widmet (Nr. 136). Wie viele Kathedralen ist das Freiburger Münster
dem besonderen Schutz Unserer Lieben Frau anvertraut; auch damit erklären
sich die vielfältigen Mariendarstellungen an und in dieser Kirche. Meistens trägt Maria
das Jesuskind auf dem linken Arm; viele Künstler wußten also, wie eine Mutter
ihr Kind instinktiv hält; es sollte sich geborgen fühlen, dem vertrauten, beruhigenden
Herzschlag so nah wie möglich sein.

Bilder Gottes, Heiliger und Engel geben Einblick in Vorstellungen vom makellosen
Menschen; sie verweisen auf das jeweilige Schönheitsideal, das sich nicht zuletzt an
bestimmten Proportionen orientiert (vgl. Dürer, Nr. 171); zudem müssen Gesichtsausdruck
, Haarfarbe, Gesten, Haltung sowie Kleidung dem Rang der jeweiligen Person
entsprechen.

Zahlreiche Darstellungen basieren nicht auf Aussagen im Alten oder Neuen Testament
, sondern auf Legenden, die sich bestimmter Gestalten und Stoffe besonders intensiv
angenommen haben. Das gilt auch für Bilder vom Marientod (z. B. am Südostportal
des Münsters): Die Legenda aurea berichtet, daß Engel die auf den
verschiedenen Missionsfeldern arbeitenden Apostel zusammengerufen haben, auf
daß sie der Mutter ihres Herrn in ihren letzten Stunden beistehen können (Nr, 51,
S, 583).

Andere Vorlagen — z. B. zum Sturz des Luzifer, zur Kreuzigung des Petrus mit
dem Kopf nach unten ~~ finden sich in den sog. Apokryphen, Büchern aus biblischer
Zeit, die nicht in den Kanon heiliger Schriften aufgenommen worden sind (Nr. 47 f.
und 55). Es ist nicht weiter verwunderlich, daß man im Mittelalter auch aus solchen
Quellen geschöpft hat; denn erst in der Neuzeit wurde festgelegt, welche Bücher als
kanonisch gelten sollten. Reformatoren und das Konzil von Trient (1545—1563) stimmen
hier mit Ausnahme weniger Werke überein; so gelten z. B. die beiden Bücher
der Makkabäer in den von der Reformation geprägten Kirchen als apokryph. Auch
hier sieht man sich auf die schon erwähnten großen Nachschlagewerke zu Theologie
und Kirche verwiesen, ferner auf Handbücher zur Kirchengeschichte (Nr. 125, 131).

Mehrere Darstellungen gehen auf eine spätantike Quelle zurück: Am Hauptportal
reißt über dem Gekreuzigten ein Pelikan sich mit dem Schnabel die Brust auf, um
mit dem eigenen Blut seine Jungen zu futtern; in einem Fenster des nördlichen Seitenschiffs
brüllt ein Löwe seine Jungen an. Beide Szenen gehen auf den sog* ?Physiolo
gus* (Nr. 232) zurück, dessen Autor antike naturwissenschaftliche Lehrmeinungen
auf Christus bezog: So wie der Pelikan habe Christus sein Blut für die Menschen hingegeben
; wie die totgeborenen Löwen erst durch das Gebrüll ihres Vaters am dritten

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