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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0116
im Schloß ermordet worden sein soll, stammt wohl aus dieser Zeit. Etwas später zog
sie endgültig zu ihrem langjährigen Freund, dem Freiherrn Friedrich Ferdinand Johann
v. Mundolsheim, der in der Nähe von Straßburg, in dem Dorfe Mundolsheim,
sein Stammschloß hatte. Wenn auch die Details erfolgreich geheimgehalten worden
waren, so muß doch Charlottes skandalöser Lebenswandel in Straßburg Stadtgespräch
gewesen sein. Zudem hielten sich in Mundolsheim allerlei dunkle Gestalten
auf, die teils ganz finsterer Herkunft waren, teils notorische Lumpen gewesen sind,
wie ein gewisser Capitaine Steinmetz, dem später die anhaltinische Kriegskanzlei
einen nichtswürdigen Lebenswandel bescheinigte.

Unter diesen Umständen wurde natürlich alles getan, um den Sohn von der Mutter
fern zu halten. Friedrich lebte ganz in Straßburg, in einer Wohnung neben dem Hause
seines Vormundes, doch konnte es dieser immerhin nicht ganz verhindern, daß der
Sohn seine Mutter bisweilen besuchte. Bei einem dieser Besuche lernte er nun die
Freiin Caroline Roeder v. Diersburg kennen, die Tochter des Freiherrn Hans Philipp,
der als Besitzer des Roederschen Stammguts, kaiserlicher Rat und Präsident der Orte-
nauer Ritterschaft ein sehr angesehener Mann war. Die Mutter war die Freiin Catha-
rina Joham v. Mundolsheim, Schwester von Charlotte Dungerns Freund. Sofort verliebte
sich Friedrich in die anmutige Nichte des Freundes seiner Mutter, und diese
sah nun die Gelegenheit zu einer großangelegten Intrige: Nach Berstetts Plan hätte
ihr Sohn nach dem Examen eine wohlbezahlte Stellung im Dienste eines deutschen
Fürsten annehmen sollen, um ihn so aus dem Bannkreis seiner Familie zu entfernen
und ihm gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, das schwer angeschlagene Familienvermögen
wieder in die Höhe zu bringen. Der Mutter dagegen lag viel mehr daran,
den Sohn in ihrer Nähe in Rust zu wissen, wo sie auf ihn Einfluß nehmen und an
seinen Einkünften partizipieren konnte. So förderte sie mit allen Mitteln die so plötzlich
entflammte Neigung, und immer häufiger wurden die Besuche in Mundolsheim.
Berstett erfuhr zwar davon, doch halfen alle seine Vorstellungen nichts. Auch als das
mittlerweile informierte Ritterschaftsdirektorium den jungen Mann zu einer Aussprache
kommen ließ und ihm befahl, in Zukunft nur noch auf seinen Curator zu hören,
blieb der Einfluß der Mutter stärker. Ihr gelang es auch, den Vater Roeder zur Einwilligung
in die von ihr so ersehnte Heirat zu bewegen, die ihr die endgültige Sicherung
ihres Einkommens bedeutete, das bei einem vorzeitigen Tod des nunmehrigen Herrn
auf Rust schwerstens gefährdet gewesen wäre. Was für einen Vorteil der Vater Roeder
in dieser Verbindung erblickte, ist schwer zu sagen; möglicherweise sah er in dem
jungen Böcklin trotz aller Schulden in erster Linie den Besitzer einer benachbarten
Herrschaft; vielleicht war er auch lediglich froh, für seine Tochter eine so standesgemäße
Partie zu finden.

Nun erfuhr auch Berstett von dem Heiratsprojekt, weigerte sich aber sofort, seine
Einwilligung zu geben. Guter Rat war teuer, denn ohne die Einwilligung des Vormunds
war eine Heirat im Elsaß nicht möglich. Daraufhin beschlossen die Eltern der
Braut und die Mutter des Bräutigams einen abenteuerlichen Plan: Friedrich tat in der
Öffentlichkeit und namentlich gegenüber Vormund und Hofmeister, als habe er jeden
Gedanken an eine Ehe aufgegeben. Gleichzeitig aber wurde heimlich alles vorbereitet
, um die Hochzeit in der Ortenau zu feiern. Am 31. August 1765 erklärte er, einer
Ratssitzung in Straßburg beiwohnen zu müssen, statt dessen aber fuhr er mit einem

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