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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0128
Es ist nicht bekannt, wann Friedrich aus der Korrespondenz mit ihr erfahren hat,
daß auch noch Verpflichtungen ganz anderer Art ihn erwarteten. Andeutungen Char-
lottes und seine eigenen, schleunigst angestellten Ermittlungen ergaben, daß seine
Mutter nicht weniger als drei uneheliche Kinder in die Welt gesetzt hatte, deren Vater
ihr Freund Joham v. Mundolsheim gewesen ist. Eine früh verstorbene Tochter war
in der Nähe von Diersburg geboren, ein Sohn namens Franz Josef kam am 25. April
1756 in Niederkutzenhausen bei Straßburg zur Welt, und ein drittes Kind, Karl Ludwig
, wurde 1758 oder 59 in Werth, ebenfalls im unteren Elsaß, geboren. Die diskrete
Unterbringung dieser unehelichen Nachkommenschaft verursachte natürlich erhebliche
Mühe, doch fand man in Gestalt der Hebamme von Langensulzbach, Frau Haller
, eine gute Pflegemutter. Der kleine Charles-Louis scheint ein schwächliches Kind
gewesen zu sein, dessen baldigen Tod man erwartete. „Beruft Gott ihn zu sich, so
kann ihm ja nichts besseres widerfahren", schrieb Vater Mundolsheim der Madame
Haller.

Von diesen „Geschwistern" hätte Friedrich wohl nicht so bald erfahren, wäre nicht
seine Mutter nach dem Tod ihres Freundes in Geldverlegenheiten geraten. Infolgedessen
war sie das Kostgeld für ihre Söhne schuldig geblieben, und Frau Haller
drohte mit einer Klage. „Diese Leute glauben, jetzt im Trüben fischen und mir das
Messer an die Kehle setzen zu können", schrieb Charlotte in richtiger Erkenntnis der
Lage ihrem Anwalt und fuhr kaltblütig fort, es müsse nun eben ihr Sohn einspringen,
„denn er riskiert ja alles und muß sich also jede erdenkliche Mühe geben, einen Ausweg
zu finden." Mit Friedrichs Hilfe wurden die beiden Söhne 1767 in das Waisenhaus
St. Joseph in Straßburg gebracht, und hier ist Louis Charles auch kurz danach
gestorben. Den überlebenden Franz Josef nahm nun 1771 Meister Anton Rimbert in
Straßburg als Lehrjungen an, um ihm das ehrbare Handwerk eines Knopfmachers
beizubringen. In dem Vertrag mit Rimbert trat er zum ersten Mal unter dem Namen
Balaine auf, unter dem er später so bekannt werden sollte. In der Familie Böcklin
ist er stets der Knopfmacher genannt worden.

Fünf Jahre blieb Franz Josef in der Lehre, dann erschien es seiner Mutter besser,
ihn zu entfernen. Man wollte ihn nach Amerika schicken, und Boston soll das Endziel
gewesen sein. Wie weit Friedrich bei dieser Abschiebung seines Halbbruders beteiligt
war, ist nicht klar. Jedenfalls begab sich Franz Josef auf die Reise, um in Holland
ein Schiff zu nehmen. In Amsterdam erwartete ihn Geld für die Überfahrt bei
dem Bankier Guaita, aber in diesem Moment begannen die Dinge plötzlich eine andere
Wendung zu nehmen.

Es geht aus den Prozeßakten nicht hervor, und es scheint auch Friedrich nicht bekannt
gewesen zu sein, wer damals in Amsterdam dem jungen Franz Josef den Rat
gegeben hat, statt nach Amerika zu verschwinden in Paris Bundesgenossen für einen
Prozeß gegen seine Familie zu suchen. Tatsache ist, daß zum Schrecken aller Eingeweihten
Franz Josef plötzlich in Paris auftauchte. Von hier aus tat er den ersten, noch
relativ ungefährlichen Schritt, indem er 1776 ein Bittgesuch an den königlichen
Kriegsminister, den Grafen St. Germain, einreichte. Darin erklärte er, der uneheliche
Sohn des Franz August v. Joham und der Frau v. Böcklin zu sein. Bis zu seinem Tode
habe sein Vater für ihn gesorgt, jetzt aber versuche ihn seine Mutter aus dem Vaterland
zu entfernen. Zwar habe man ihm gesagt, er könne Ansprüche auf die Böcklin-

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