Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0132
anzustrengen, einfach auf Grund der Tatsache, daß er der Sohn seiner Mutter sei. Da
in Frankreich die Scheidung der Eltern nicht anerkannt wurde, war Franz Josef damit
bereits das legitime Kind des Ehepaares Böcklin, denn: Pater est quem nuptiae de-
monstrant.

So wurde denn auch vorgegangen. Der Gerichtshof zu Colmar, teilweise noch mit
den gleichen Mitgliedern besetzt wie bei der letzten Verhandlung, wurde erneut bemüht
und ffllte am 4. November 1787 ein Urteil zu Franz Josefs Gunsten» Es erkannte
damit ausdrücklich Franz Josef Balayne als legitimen Sohn Franz Jacob Christians
an. Friedrich legte sofort Berufung ein, aber am 14. Dezember 1787 bestätigte der
Conseil Souverain dAlsace das Urteil. Während Friedrich noch mit allen Mitteln versuchte
, eine Kassation beim Appellationsgericht zu erreichen, überstürzten sich die
politischen Ereignisse. Die Nationalversammlung trat in Paris zusammen, und in
einer fieberhaft erregten Nachtsitzung wurden am 4. August 1789 alle Vorrechte des
Adels und damit auch die Lehensbestimmungen aufgehoben. Damit war für Friedrich
der Schutz der Lehensherren weggefallen, dessen er bisher immer hatte sicher sein
können. Trotz dieser für ihn niederschmetternden Ereignisse legte Friedrich Berufung
ein, aber er wurde abgewiesen. Am 30. Dezember 1789 bestätigte auch das
Appellationsgericht das Colmarer Urteil.

Nun ging Franz Josef zum Angriff über. Er forderte vor Gericht von seinem Bruder
den ihm gebührenden Anteil am Erbe des Vaters. Am 15. Februar 1790 kam es zu einer
dramatischen Sitzung in Colmar, in der der Advokat Albert alle Register seiner
oratorischen Begabung spielen ließ. Die Zeitungen mit den Berichten darüber sind
noch erhalten und bringen Seiten weise die Blüten der Albert'schen Beredsamkeit:
„Kehren Sie", so rief er Friedrich zu, „zu Ihrem Bruder zurück, der Sie nicht haßt,
der nur mit Freude darauf wartet, die Bande des Blutes wieder zu knüpfen. Er wird
Ihnen sein ganzes Herz öffnen und Ihnen beweisen, daß die Schule des Leidens auch
die des Vergessens ist." Das Hohe Gericht, das ja bereits in der überhitzten Atmosphäre
der beginnenden Revolution tagte, schloß sich diesen schönen Argumenten an.
Friedrich wurde verurteilt, die Hälfte aller elsässischen Güter und früheren Lehen
an Franz Josef abzutreten. In letzter Verzweiflung appellierte Friedrich auf diese vernichtende
Sentenz hin an den Conseil d'Etat, aber dieser verwarf die Berufung am
22. September 1790 und präzisierte gleichzeitig, Friedrich habe die eine Hälfte der
elsässischen Besitzungen sofort endgültig abzutreten, die andere Hälfte aber ebenfalls
Franz Josef so lange zur Verfügung zu stellen, bis eine Einigung über die rechtsrheinischen
Güter erfolgt sei. Das bedeutete praktisch, daß die Familie Böcklin durch
diesen unseligen Prozeß mit einem Schlag ihre gesamten wertvollen und seit Jahrhunderten
ihnen gehörenden Besitzungen an diesen Halbbruder verlor.

Der Schlag muß unvorstellbar hart gewesen sein, nicht nur in finanzieller Beziehung
, in der er ja einen totalen Ruin darstellte. Auch menschlich fühlte sich Friedrich
in seinen sämtlichen Anschauungen von Recht und Gesetz tödlich getroffen, und er
hat dieses Unglück nie verwunden. Seit dieser Zeit war er ein Anderer, und seine
letzten 20 Jahre blieben überschattet von den Folgen dieses Unglücks.

Er hat das Urteil nie anerkannt, und auf der rechten Rheinseite erlangte es selbstverständlich
keine Rechtsgültigkeit. Auch weigerte er sich, irgendwelche Urkunden
oder Besitztitel herauszugeben, die sich auf die elsässischen Güter bezogen und ver~

130


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0132