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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0145
wieder abgereist, angeblich nach Zürich, und in der Güte seines Herzens habe Friedrich
das arme verlassene Kind zu sich genommen. Tatsächlich ließ er damals in einer
Karlsruher Zeitung die geflüchteten Eltern auffordern, sich zu melden. Haubert verdankt
man bei dieser Gelegenheit auch eine Schilderung dieses Mädchens: sie sei
sehr ungezogen, schreibt er, nicht häßlich, aber auch nicht hübsch.

Es kann tatsächlich kaum ein Zweifel darüber herrschen, daß Katharina Dankwohl
die Tochter Friedrichs und der Anna Maria Herr gewesen ist. Die rührende Geschichte
vom verlassenen Flüchtlingskind dürfte damals kaum jemand geglaubt haben
, und sie klingt auch heutigen Ohren gar zu unwahrscheinlich. Möglich wäre
allenfalls, daß es sich um die uneheliche Tochter der Haushälterin von einem unbekannten
Vater handelt, aber das ist anscheinend nie angenommen worden. Zudem
wurde sie gleich von Anfang an als „das Fräulein" angesprochen und behandelt;
Friedrich sorgte in einer Weise für ihre Erziehung und Ausbildung, die weit über das
normale Maß einer wohltätigen Geste gegenüber einem Waisenkind hinausgeht. Er
nahm sie auch überall mit, wenn er in die Nachbarschaft fuhr. In Schuttern allerdings
gab es gleich zu Anfang einen peinlichen Eklat, als der Prälat sich weigerte, bei
Friedrichs Begleiterinnen Platz zu nehmen. Doch die Neugier der Nachbarn war so
groß, daß sich der Freiherr von Oberkirch die Haare gerauft haben soll, als er durch
ein Versehen um das Vergnügen kam, ihre Bekanntschaft zu machen.

Möglicherweise ist Samuel Haubert ein Intrigant gewesen, der versucht hat, zwischen
Vater und Sohn ständig zu hetzen. Aber seine Schilderungen klingen zu echt,
als daß man zweifeln könnte, daß sich Friedrich hier ein illegitimes Familienleben
neu geschaffen hätte. Mademoiselle Nanette, wie man das ehemalige Jägermädel
nunmehr nannte, muß eine relativ gebildete und recht kluge Person gewesen sein. Vor
allem war sie musikalisch, was sicher für Friedrich ein besonders wichtiger Anziehungspunkt
war; sie spielte auch Klavier und beherrschte Geige und Gitarre. Für die
musikalische Ausbildung der Tochter wurde umgehend gesorgt, und Lehrer für Gesang
und Klavier erschienen regelmäßig im Schloß. Erstaunliche Miniaturen späten
häuslichen Glücks werden von Haubert gezeichnet; so etwa wenn er zu geschäftlichen
Besprechungen nach Rust kam und nachher zusammen mit Friedrich, Mlle. Nanette
und der Jungfer Dankwohl Arien aus der Mozartschen Entführung singen oder
den Fortschritten des Mädchens auf dem Klavier lauschen mußte, während die stolzen
Eltern dazu mit Geige und Gitarre begleiteten.

Anfänglich mag wohl die Umgebung diese neueste Marotte des sicher als schrullig
bekannten „Musikbarons44 belächelt haben. Bald aber kam es zu offenem Skandal,
als sich der Pfarrer von Kappel in die Sache einmischte. Der unschuldige Anlaß dazu
war ein Mittagessen, zu dem Friedrich den geistlichen Herrn gebeten hatte. Dieses
Mahl scheint aber dem Pfarrer nicht geschmeckt zu haben, denn er beklagte sich
nachher über die Qualität der Speisen wie auch über die Gesellschaft, die man ihm
zugemutet habe. Das Essen schilderte er als ungenießbar und empfahl Friedrich, sich
allein schon deswegen eine andere Haushälterin zuzulegen. Den Wein bezeichnete er
schlicht mit einem ganz eindeutigen, wenn auch wenig klerikalen Wort. Friedrich
war über diese Vorwürfe außerordentlich verärgert, und er wies sie in mancherlei
Briefen zurück. Auch ging er selbst zum Angriff über und ließ zur verblüfften Erheiterung
der Gegend französische, deutsche und lateinische Gedichte zirkulieren, in

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