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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0159
Schon im Vorfeld war deutlich geworden, daß hier ein religiöses Thema der Absicht
dienen sollte, möglichst viel Gewinn zu erzielen. Das gab der sozialistischen
Presse Gelegenheit, ein kritisches Licht auf die Initiatoren der Passionsspiele zu werfen
, indem sie ihnen Leben und Lehre von deren Hauptperson entgegenhielt: „Und
in Freiburg wird vor einem Publikum, das 120 M für den Platz und III M für Pension
bezahlt, der Nazarener ans Kreuz geschlagen", schrieb der sozialdemokratische
Volksfreund in einem Bericht über die zunehmende Verelendung der Arbeiter in
Baden. „Selbstverständlich. Warum hat er auch die Wucherer und Wechsler mit
Stricken aus dem Tempel hinausgeschlagen, warum hat er sich auch der Armen angenommen
und den Reichen ins Gewissen geredet, warum ist er in einem Stall geboren
und warum hat er einen Proletarier zum Pflegevater gehabt.4"39

Auch daß das Arbeitsamt Freiburg Arbeitslose als Statisten an die Passionsspiele
vermittelte, erregte wochenlang die Gemüter. Die Volkswacht ergriff Partei für alle,
die es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren konnten, unter Androhung des Entzugs
der Arbeitslosenunterstützung an den Passionsspielen teilnehmen zu müssen: weil sie
entweder Atheisten waren oder als gläubige Christen Jesus hätten verspotten müssen
.40 Auf Einspruch von zwei Betroffenen entschied schließlich das Bezirksamt als
Aufsichtsbehörde, daß in diesem Fall die Annahme der Arbeit in den freien Willen
zu stellen und der Entzug der Unterstützung für die Weigerung, als Statist mitzuwirken
, nicht gerechtfertigt sei.41

Premiere

Für die künstlerische Leitung der Passionsspiele hatte Gotthart Harry Schäfer vom
Stadttheater Freiburg gewonnen. Schäfer bearbeitete auch die Spielvorlage, die angeblich
auf dem Urtext des Oberammergauer Passions-Festspiels beruhte.42 Eine eigene
Spielvorlage hatte dort der ersten Aufführung der Passion im Jahre 1633 jedoch
nicht zugrunde gelegen. Man griff vielmehr zunächst auf zwei von auswärts übernommene
Texte zurück und überarbeitete sie immer wieder von neuem.43 Aber mit
den Oberammergauer Federn hatten sich Adolf und Georg Faßnacht seit Jahren
geschmückt, sie dienten ihnen als künstlerische Legitimation ebenso wie als Ausweis
für die moralische Lauterkeit ihrer Absichten.

Adolf Faßnacht spielte wie immer den Jesus Christus, sein Bruder Georg den Judas
. Als Maria und Magdalena standen die Töchter von Adolf Faßnacht, Amalie und
Elisabeth, auf der Bühne. In den weiteren Hauptrollen waren bekannte Schauspieler
des Stadttheaters Freiburg zu sehen. Das Volk stellten 1500 Statisten aus Freiburg
dar.44 Die musikalische Leitung übernahm Franz Philipp, Anfang der Zwanzigerjahre
der bekannteste Freiburger Komponist.45 Er schrieb für das Stück begleitende
und überleitende Sätze für Orchester und Orgel und überwachte die Einstudierung
der mitwirkenden Kirchenchöre.46 Das vierfarbige Plakat hatte die Freiburger Buch-
und Kunstdruckerei Adolf Kuenzer angefertigt.47

Am Samstag, dem 16. Juli 1921, ging die mit Spannung erwartete Premiere über
die Bühne. In 17 Szenen entfalteten sich vor den Augen des Publikums die letzten
Tage im Leben von Jesus Christus, vom Einzug in Jerusalem bis zum Tod am Kreuz
und zur Auferstehung:48

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