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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1994/0164
in sehr unaufdringlicher, ja geradezu geforderter Weise. (...) Sämtliche Darsteller
haben Beachtliches geleistet. (...) Nur weniges sei nachteilig beurteilt, Adolf Faßnacht
zeigt als Christus von Nazareth vielfach eine zu weiche, kraftlose Stimme, Dies
sei hervorgehoben, trotzdem damit eine organische Veranlagung getroffen wird " Daß
jedoch naturalistische Bühneneffekte kein geeignetes Mittel für die Darstellung
christlicher Dogmen sind, faßte der sozialdemokratische Kritiker in die Worte:
„Auch könnte man hinfort auf die sehr wenig gerechtfertigten Pulverdämpfe verzieh-
ten beim Erscheinen des Engels am ölberg und bei der Auferstehung."50 Obwohl
die Regie in entscheidenden Szenen zu erprobten Effekten der Theatermaschinerie
Zuflucht nahm, stimmte die Lokalpresse weitgehend darin überein, daß Harry Schäfer
seine schwierige Aufgabe im Ganzen nicht ohne Geschick gelöst habe.

„Die Wirkung des Werkes", schrieb die Freihurger Tagespost nach den ersten Vorstellungen
, „wird davon abhängen, ob es volkstümlich wird. Wird das der Fall, so
ist seine Schaffung eine Tat von gewaltiger Bedeutung, wird sie es nicht, so haben
wir Gelegenheit einen Mißerfolg von nicht alltäglicher Größe zu erleben," Erfolgversprechend
hatten die Freiburger Passionsspiele aber keineswegs begonnen. Zu den
beiden ersten Vorstellungen kamen statt der erwarteten 18000 ganze 5 500 Zuschauer
, ausgerechnet die teuersten Plätze waren unverkauft geblieben.51 Trotz der
überwiegend wohlwollenden Presseberichte blieben auch bei den folgenden Vorstellungen
die großen Besucherzahlen aus und die Kassen der Veranstalter leer. Ausländische
Touristen hatten sich nicht in nennenswertem Umfang überzeugen lassen, daß
in Europa von nun an Freiburg die erste Adresse für Passionsspiele sei, und die Zahl
der deutschen Zuschauer war geringer als erwartet, weil angesichts der gleichzeitig
sich verschärfenden Wirtschaftskrise und unaufhaltsamen Inflation weite Kreise nicht
mehr in der Lage waren, die teuren Karten zu bezahlen.52 Zwar rettete sich die Freiburger
Freilichtbühne in die nächste Saison, aber für 1922 eröffneten sich in finanzieller
Hinsicht düstere Aussichten.

„Die größte Freilichtbühne der Welt" in der Krise

Deshalb nutzte das Ensemble die Winterpause zu Gastspielreisen^ um seine Kasse
aufzufüllen.53 Daß „die größte Freilichtbühne der Welt" zum größten Debakel in
der Geschichte des Passionsspiels zu werden drohte, war den Veranstaltern jedoch
klar, bevor im Juni 1922 die zweite Spielzeit begann. Bereits im Frühjahr hatten sie
deshalb nach Möglichkeiten gesucht, die drohende Pleite abzuwenden. Das Zauberwort
hieß Wohltätigkeit.

In der Freiburger Ortsgruppe des Christlichen Bühnenvolksbundes fanden die Gebrüder
Faßnacht einen Partner mit dem Status der Gemeinnützigkeit, der möglicherweise
durch Kosteneinsparungen die Verluste in erträglichen Grenzen zu halten vermochte
. Im Mai 1922 vereinbarten beide Seiten, den Reinertrag der zweiten Spielzeit
wohltätigen Zwecken zuzuführen. 30 Prozent der Einnahmen aus den Gastspielreisen
der Gebrüder Faßnacht flössen ebenfalls zur Verwendung in der Wohlfahrt an den
Christlichen Bühnenvolksbund. Ferner standen ihm weitgehende Rechte zu, was die
Auswahl der Darsteller und die künstlerische Darbietung betraf. Und schließlich
übernahm er die finanzielle Aufsicht über das Unternehmen. Im Gegenzug verpflich-

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